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Vertrauen ist schlecht, Kontrolle besser?

Der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt kann sich nicht in jedem Fall auf mündlichen Auskünfte des Bauunternehmers, die Leistungen ordnungsgemäß ausgeführt zu haben, verlassen und muss widrigenfalls Stichproben durchführen.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In der Leistungsphase 8 begründet die Verletzung u.a. von Überwachungspflichten oft eine Haftung des Architekten.

Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich nach dem Einzelfall; Besonderheiten ergeben sich z.B. bei wichtigen und kritischen Arbeiten.
Beispiel
(nach LG Düsseldorf , Urt. v. 11.07.2012 - 9 O 184/06)
Der Architekt hat für ein Bauvorhaben u. a. die Bauüberwachung übernommen. Nach seiner Planung sollte im Rahmen eines Terrassenaufbaus eine Abdichtung mittels Dampfsperre erfolgen. Die als Dammsperre vorgesehene Folie sollte am Rand mit einem Blech angeschlossen werden. Als der Architekt sich der Arbeiten vergewissern wollte, war die Terrassenfläche bereits mit Holzsparren belegt. Insbesondere der Randanschluss war nicht mehr erkennbar. Der Architekt befragte daraufhin die mit der Ausführung betrauten Mitarbeiter des Bauunternehmers, die ihm bestätigten, die Folie entsprechend den Plänen befestigt zu haben. Tatsächlich war die Auskunft falsch. Es stellte sich Jahre später ein Schaden dar. Die Sparren waren durchgefault. Der Bauherr nimmt u. a. den Architekten neben dem Bauunternehmer auf Schadensersatz in Anspruch.

 

Der Architekt wendet ein, dass er sich habe auf den Bauunternehmer verlassen können. Der Bauunternehmer war dem Architekten als zuverlässig bekannt. Er habe insbesondere den Mitarbeitern vertrauen können. Er habe keine Veranlassung gehabt, den ausdrücklichen Mitteilungen der Mitarbeiter keinen Glauben zu schenken.

 

Hiermit setzte sich der Architekt im konkreten Fall nicht durch. Nach Ansicht des Gerichtes habe der Architekt jedenfalls vorher schon die als kritisch bekannten Abdichtungsarbeiten überwachen müssen. Er hätte eine höhere Kontrolldichte gewährleisten müssen. Wenn er dem nicht nachkommt, könne er sich nicht auf Äußerungen von Mitarbeitern des Bauunternehmers verlassen. Bei insofern abgeschlossenen Bauarbeiten müsse er sogar eine Bauteilöffnung vornehmen, selbst wenn Mitarbeiter des Bauunternehmens ihm versichern würden, entsprechend seiner Planung ordnungsgemäß geleistet zu haben.

Hinweis
Die Anforderungen an den bauüberwachenden Architekten werden bisweilen überspannt. Es dürfte schon fraglich sein, ob der Architekt überhaupt in jedem Fall eine intensive Bauleitung nur deswegen schuldet, weil ein schadenträchtiges Gewerk ausgeführt wird (vgl. insoweit zweifelnd OLG Stuttgart, Urteil vom 30.1.2010,10 U 67/10 ). Wenn aber der Architekt hätte kontrollieren sollen und dies nicht erfolgt ist und er vor vollendete Tatsachen gestellt wird, dann stellt sich die Frage, wie er sich zu verhalten hat. Dann hätte er in jedem Fall den Bauherrn zu beraten. Der Bauherr müsste dann überlegen, ob das Bauteil geöffnet wird. Wenn der Bauherr das Bauteil geöffnet haben will und sich herausstellt, dass die Leistung ordnungsgemäß erbracht ist, würde sich die Frage stellen, wer die Kosten trägt. Wenn dem Architekten die Verpflichtung der Kontrolle oblegen hat und die Kosten vermieden worden wären, wenn er dieser Verpflichtung gefolgt wäre, dann dürften die Kosten den Architekten treffen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck