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Vergütung trotz fehlender Schriftform: die Ausnahme.

Ein Auftraggeber kann sich nicht in jedem Fall auf das Fehlen der nach §§ 4, 7 II 6 HOAI a. F. geforderten Schriftform berufen.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Nach Maßgabe des § 7 III HOAI kann der Architekt - soweit eine Nebenkostenpauschale nicht wirksam vereinbart wurde - Nebenkosten nur nach Einzelnachweis erstattet verlangen.
Beispiel
(nach LG Mainz , Urt. v. 23.06.2010 - 9 O 2/10)
Der Architekt wird vom öffentlichen Auftraggeber für die Sanierung und Modernisierung eines Objektes beauftragt. Der Architekt unterschreibt den ihm vorgelegten Vertrag. Dieser verhält sich u. a. zu der Erstattung von Nebenkosten. Auf die Bitte des Architekten, den Vertrag gegengezeichnet zurückzusenden, teilt der Auftraggeber dem Architekten mit, dass dies nach der Erledigung von notwendigen Formalitäten erfolgen werde. In der Folge leistet der Architekt und stellte Abschlagsrechnungen nebst Nebenkosten, die der Auftraggeber auch zahlt. Schließlich wendet sich der Auftraggeber allerdings gegen den Architekten und verlangt Nebenkosten mit der Argumentation zurück, dass die Schriftform für eine wirksame Vereinbarung fehle. Tatsächlich hatte der Auftraggeber das Vertragsformular nicht unterschrieben gehabt.
 
Das Gericht macht diesen Winkelzug nicht mit. Trotz der fehlenden Schriftform komme eine Rückzahlung nicht in Betracht. Die Forderung des öffentlichen Auftraggebers verstoße insoweit gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Der Architekt habe alles für die Wahrung der Schriftform unternommen. Es haben keine Anzeichen dafür bestanden, dass der öffentliche Auftraggeber nicht unterschreiben würde. Insoweit sei ein schutzwürdiges Vertrauen beim Architekten entstanden. Diese gälte erst recht auch vor dem Hintergrund der geleisteten Zahlungen und des Umstandes, dass der öffentliche Auftraggeber den Vertrag vorgelegt hatte. In diesem Fall sei der Schutzzweck, der mit dem Erfordernis der Schriftform verfolgt wird, nicht verletzt.
Hinweis
Das Schriftformerfordernis ist insbesondere auch bei Verträgen mit öffentlichen Auftraggebern sehr ernst zu nehmen. Die Entscheidung zeigt allerdings, dass öffentliche Auftraggeber aber auch andere Auftraggeber nicht grenzenlos durch das Schriftformerfordernis geschützt sind. Die Rechtsprechung dürfte grundsätzlich für Regelungen zur Schriftform auch in der HOAI 2009 gelten (Nebenkosten § 14 HOAI 2009) (vgl. auch Schriftform besondere Leistungen alte HOAI 1996, Urteil Honoraranspruch/Honorar gem. HOAI 1996/besondere Leistungen HOAI 1996, OLG Koblenz vom 28.01.2008 ).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck