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Ursächlichkeit falscher Kostenschätzung für entstandenen Schaden?

Macht der Bauherr Schadensersatz gegenüber dem Architekten wegen falscher Kostenschätzung geltend, so muss er neben der Pflichtwidrigkeit und dem Schaden auch die Ursächlichkeit der Vertragsverletzung für den Schaden darlegen und nachweisen.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Ein Sonderbereich der Architektenhaftung stellt die Haftung für Bausummenüberschreitungen dar.

Steht eine Haftung des Architekten wegen Bausummenüberschreitung dem Grunde nach fest, so bereitet die Feststellung des Schadens oft Probleme.
Beispiel
(nach OLG Köln , Urt. v. 30.10.2014 - 24 U 76/14; BGH, Beschluss vom 26.03.2015 – VII ZR 273/14 – N ZB zurückgewiesen)
Ein Architekt schätzt für einen Neubau eines Einfamilienhauses € 225.000,00 exklusive Nebenkosten. Im Laufe des Bauvorhabens kommt es zu nicht unerheblichen Änderungs- und Zusatzwünschen der Bauherren. Die Bauherren geben nach eigenen Angaben schließlich mehr als € 500.000,00 für das Vorhaben aus. Ein gerichtlicher Sachverständiger stellt fest, dass das Vorhaben von vornherein mindestens mit € 343.000,00 hätte geschätzt werden müssen. Der Verkehrswert ohne Grundstück liege sogar noch € 69.000,00 niedriger. Die Bauherren nehmen den Architekten auf Schadensersatz in Anspruch.

 

Das OLG Köln weist die Klage der Bauherren ab. Zwar habe sich hier der Architekt eine Pflichtverletzung zuschulden kommen lassen, da seine Kostenschätzung selbst unter Berücksichtigung der Toleranzen falsch gewesen sei (vgl. z.B. BGH , Urt. v. 23.01.1997), es sei auch ein Schaden entstanden, nämlich mindestens in Höhe von € 69.000,00, allerdings stehe dem Bauherrn gleichwohl ein Anspruch nicht zu. Bei Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Kostenermittlung oder sonst falscher Beratung des Architekten zur Kostenentwicklung müsse der Auftraggeber neben der Pflichtwidrigkeit und dem Schaden auch die Ursächlichkeit der Vertragsverletzung für den Schaden darlegen und nachweisen. An einem entsprechenden Nachweis fehle es hier.

Der Bauherr hatte angegeben, er hätte das Vorhaben in Kenntnis der hohen Kosten nicht durchgeführt. Dies aber nahm das Gericht dem Bauherrn nicht ab. In der Architektenhaftung bestehe keine Vermutung beratungsgerechten Verhaltens. Hier spreche einiges dafür, dass die Bauherren das Vorhaben auch in Kenntnis einer richtigen Kostenschätzung (€ 343.000,00) durchgeführt hätten. So hätten die Bauherren das Grundstück bereits erworben gehabt, bevor sie sich an den Architekten wandten. Was sie aber mit diesem Grundstück hätten anfangen wollen ohne Bebauung, sei nicht dargelegt. In der Klageschrift hätten sie seinerzeit noch angegeben, das Grundstück nicht „in der gewählten Art und Weise“ bebaut zu haben, später hätten sie angegeben, das Gebäude niemals errichtet zu haben. Entscheidend sei aber, dass die Bauherren selbst nach Kenntnis der erheblich gestiegenen Kosten weiterhin noch luxuriöse Zusatzwünsche hätten ausführen lassen. Ein Zeuge bestätigte, dass die Bauherren sich trotz vorheriger Hinweise auf drohende Kostensteigerungen nicht für preiswerte Alternativen entschieden hätten.

Hinweis
Fälle, in denen sich während des Bauvorhabens Kostenüberschreitungen herausstellen, in denen die Bauherren dann aber gleichwohl weiterbauen, sind rechtlich nicht einfach zu beurteilen. Häufig werden die Bauherren hier Schwierigkeiten haben, ihre Schadensersatzforderungen durchzusetzen (vgl. beispielhaft OLG Stuttgart,Urteil vom 09.10.1999). Allerdings kann auch alleine die Tatsache, dass der Bauherr das Bauvorhaben fortsetzt, nicht ohne weiteres zum Entfall von Schadensersatzansprüchen führen (vgl. BGH Urteil vom 11.11.2004).

Für die Bauherren wird i.d.R. zu beachten sein, dass sie dem Architekten durch eine Nachbesserungsaufforderung Gelegenheit zur Nachbesserung geben müssen.
Vergleiche ausführlich zum Thema unter Haftungsrisiken des Planers im Kostenbereich.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck