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Unterschiedliche Teilplanungsleistungen betreffend verschiedener Teilgewerke: Wie wird Honorar ermittelt?

Sind nur mehrere Teilgewerke einer Anlage (eines Gebäudes) in Auftrag gegeben, so sind diese Teilgewerke gleichwohl im Hinblick auf die anrechenbaren Kosten gemeinsam abzurechnen. Sind für die einzelnen Gewerke nur Teilplanungsleistungen unterschiedlichen Umfangs in Auftrag gegeben, so hat eine Gewichtung orientiert an § 5 II HOAI stattzufinden.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Im System der HOAI stellen die anrechenbaren Kosten eine der Grundlagen zur Berechnung der Honorars dar.

Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 11.12.2008 - VII ZR 235/06)
Eine Architektin wird für drei Gewerke eine Anlage des Straßenverkehrs - einen Abschnitt einer Bundesautobahn - nämlich wegweisende Beschilderung, verkehrsführende Beschilderung und Markierung nach der StVO sowie Schutz- und Leiteinrichtungen, beauftragt. Bezüglich jedes Gewerkes erhält sie Teilplanungsleistungen unterschiedlichen Umfangs, d.h. eben nicht alle Leistungsphasen und alle Grundleistungen, übertragen. Später will die Architektin – entgegen einer niedrigeren Pauschalvereinbarung mit der Bauherrin – den Mindestsatz abrechnen. Sie ermittelt den Mindestsatz, in dem sie sämtliche der drei oben genannten Gewerke im Hinblick auf die anrechenbaren Kosten gesondert abrechnet.
 
Das Berufungsgericht gab der Architektin noch Recht.  Der BGH hebt das Urteil des Berufungsgerichtes auf. Eine gemeinsame Abrechnung der drei Gewerke komme nicht in Betracht. Es handele sich bei den drei Gewerken jeweils um Teilgewerke nur einer Anlage des Straßenverkehrs. Der gemeinsamen Abrechnung stehe nicht entgegen, dass betreffend der einzelnen Gewerke nur Teilplanungsleistungen beauftragt worden seien. Hier habe eine an § 5 II HOAI orientierte Gewichtung stattzufinden.

Der gemeinsamen Abrechnung stehe auch nicht entgegen, dass dieser dann die anrechenbaren Kosten für den gesamten Autobahnabschnitt zugrunde gelegt werden müssten. Seien nur Teilplanungsleistungen beauftragt, müsse die DIN 276 (1981) in angepasster Form angewandt werden. Dies sei zum einen in der Weise möglich, dass das Honorar nach den anrechenbaren Kosten des Vertragsgegenstandes errechnet werde; möglich sei zum anderen aber auch, von den nach der DIN 276 (1981) ermittelten Gesamtkosten auszugehen und unter Berücksichtigung des Anteils der anrechenbaren Kosten des Vertragsgegenstandes eine Quote zu bilden (BGH, Urteil vom 12.01.2006) .

Hinweis
Das Urteil ist nicht ganz einfach zu lesen, zu verstehen und einzuordnen. Hintergrund der auch im Urteil dargestellten rechtlichen Auseinandersetzung ist letztendlich die Degression der Honorartafeln: die Degression der Honorartafeln führt dazu, dass die Aufspaltung der anrechenbaren Kosten in verschiedene Teilabrechnungsobjekte für den Architekten zu einer Honorarmehrung führt; anders gesagt: für zweimal € 100.000,00 anrechenbare Kosten erhält der Architekt mehr Honorar als für einmal € 200.000,00 anrechenbare Kosten.

Vor diesem Hintergrund war schon immer fraglich, ob und unter welchen Voraussetzungen Architekten anrechenbare Kosten „aufspalten" können (bzw. zur Mindestsatzberechnung sogar müssen). Unproblematisch ist dies, wo die HOAI eine gesonderte Abrechnung ausdrücklich vorsieht, so beispielsweise bei verschiedenen Leistungsbildern, bei verschiedenen Gebäuden oder Anlagen (§ 22 HOAI) oder bei verschiedenen Maßnahmen im Sinne des § 23 HOAI.

Vorliegend wollte die Planerin allerdings verschiedene Teilgewerke einer Anlage gesondert abrechnen. Übertragen auf eine Hochbauarchitektur hieße das etwa, dass ein Planer, dem Planungsleistungen im Rahmen eines Umbaus beispielsweise für den Eingang, den Keller und das Wohnzimmer beauftragt worden wären, seine Leistungen jeweils für den Eingang, den Keller und das Wohnzimmer getrennt nach deren anrechenbaren Kosten abrechnen wollte. Dies geht – natürlich – nicht. Vielmehr wird er seine anrechenbaren Kosten zusammenzuziehen und eine gemeinsame Abrechnung vorzunehmen haben.

Sollte nunmehr vorgenannter Planer im Hinblick auf die drei Teilgewerke – Eingang, Wohnzimmer, Keller – auch noch Teilplanungsleistungen in unterschiedlichen Umfange beauftragt erhalten haben, zum Beispiel Keller Leistungsphasen 1 bis 5, Wohnzimmer Leistungsphasen 3 und 4, Eingang Leistungsphase 8, müsste hier eine – nicht ganz unkomplizierte - Quotenbildung erfolgen. Maßgeblich wäre immer, ob und in welchem Umfange er für welchen Anteil an den gesamten anrechenbaren Kosten Teilplanungsleistungen erbracht hat (z. B. hier in Leistungsphase 3 Teilplanungsleistungen für den Keller einerseits und das Wohnzimmer andererseits, nicht aber für den Eingang). In der Regel kann man unter Berücksichtigung der jeweils anteiligen anrechenbaren Kosten der bearbeiteten Teilgewerke dann eine Quote bilden (z. B. Anteil Keller an den anrechenbaren Gesamtkosten 60 %, Anteil Wohnzimmer an den anrechenbaren Gesamtkosten 20 %, Anteil Eingang an den anrechenbaren Gesamtkosten 20 %, hieße hier erbrachte Leistungen in Leistungsphase 3: 80 %, d.h. 8,8 Prozentpunkte).

Darüber hinaus wäre zu fragen, wie der Architekt abzurechnen hätte, wenn im Hinblick auf das gesamte Haus ein Umbau stattfindet, der Architekt aber eben nur oben genannte Teilleistungen übertragen erhalten hat. Nach dem besprochenen Urteil (vgl. auch BGH, Urteil vom 12.01.2006) läßt der BGH oben genannte Berechnung auch hier zu: der Planer kann nach seinem Vertragsgegenstand abrechnen und bei einer Bearbeitung von nur Teilgewerken besteht der Vertragsgegenstand eben aus diesen Teilgewerken (hier also aus den anrechenbaren Kosten der drei genannten Gewerke).

In Betracht kommt dann aber auch noch eine andere Ermittlung, und zwar eine Quotenbildung unter Berücksichtigung der gesamten anrechenbaren Kosten der Anlage/des Gebäudes bzw. des Umbaus. Sollten beispielsweise die anrechenbaren Kosten der drei bearbeiteten Gewerke 50 % der anrechenbaren Gesamtkosten des Umbaus ausmachen, so wäre bei Ansatz der gesamtanrechenbaren Kosten für die Abrechnung die Quotenbildung für die Leistungsphase 3 (siehe oben) entsprechend zu verändern: Keller 30 % der anrechenbaren Kosten zzgl. Wohnzimmer 10 % der anrechenbaren Kosten = 40 % der anrechenbaren Kosten des Gesamtumbaus, d.h. 4,4 Prozentpunkte bemessen auf die höhreren anrechenbaren Kosten.

Ob diese Abrechnungsalternative dem Planer offensteht, geht aus dem Urteil so ganz eindeutig nicht hervor. Aufgrund der Degression der Honorartafeln würde diese Abrechnung allerdings für den Planer ohnehin einen Honorarverlust darstellen.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die vom BGH dargestellte Abrechnungsvariante nach dem "Vertragsgegenstand" (d.h. nach den tatsächlich bearbeiteten Gewerken) wohl nicht ohne weiteres auf andere Konstellationen zu übertragen sein wird. In Fällen der vorzeitigen Vertragsbeendigung beispielsweise hat die Rechtsprechung bisher immer für die Abrechnung das Gesamtkostenmodell bei Quotenbildung gefordert. Einem Architekten, der beispielsweise nach dem Rohbau in Leistungsphase 8 rausgekündigt wurde, war es bisher nicht möglich, die Leistungsphase 8 lediglich nach den anrechenbaren Kosten des Rohbaus abzurechnen; er musste vielmehr die gesamtanrechenbaren Kosten des Bauwerkes zugrunde legen und quoteln.

Ähnliches galt bisher auch für Planungsänderungsleistungen. Ein Architekt, der von vier geplanten Geschossen eins vollständig umplanen musste, konnte nach bisheriger Rechtsprechung ebenfalls für die Umplanungsleistungen nicht die anrechenbaren Kosten allein des einen Geschosses zugrunde legen.

Hier wird die weitere Entwicklung aber abzuwarten bleiben.

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