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Unterlassene Überwachung: lange Verjährung?

Der Architekt muss dem Auftraggeber bei der Abnahme seines Werkes offenbaren, wenn er Teile der Ausführungen des Bauwerks bewusst vertragswidrig nicht überwacht hat. Unterlässt er dies, so hat er einen Mangel seines Werkes arglistig verschwiegen. Unerheblich ist, ob er darauf vertraut, dass der Unternehmer mangelfrei gearbeitet hat.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Haftungsansprüche gegen den Architekten verjähren.

Dauer, Beginn, Hemmungen und Unterbrechungen der Verjährung ist nach altem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht anders geregelt als nach neuem Recht.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 05.08.2010 - VII ZR 46/09)
Ein Architekt hatte für die Sanierung eines Landarbeiter-Doppelhauses Architektenleistungen übernommen. Er plante unter anderem zwischen der in den Innenräumen eingebauten Vorsatzschale der Außenwände und der alten Außenwand eine Dampfsperre. Während der Bauerrichtung unterließ er eine Bauüberwachung jedenfalls in diesem Bereich und bemerkte deshalb nicht, dass der Bauunternehmer die auch von diesem später abgerechnete Dampfsperre nicht einbaute. Die Bauarbeiten wurden im Jahre 1998 abgeschlossen. Im Jahre 2006 stellte sich heraus, dass in Folge der fehlenden Dampfsperre Tauwasser in erheblichen Mengen auf die ursprüngliche Oberfläche der Außenwand und von unten in den Putz aufstieg. Der Bauherr macht Schadensersatz in Höhe von rund € 100.000,00 geltend. Der Architekt beruft sich auf Verjährung.
 
Ohne Erfolg! Der BGH weist darauf hin, dass ein mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt einen Mangel seiner Leistung arglistig verschweigt, wenn er bei der Abnahme seines Werkes nicht offenbart, dass er keine Bauüberwachung vorgenommen hat (vgl. auch OLG Celle, Urteil vom 31.08.1994). Dies gelte nicht nur dann, wenn er überhaupt keine Bauüberwachung vorgenommen hat, sondern auch dann, wenn er nur einzelne der überwachungspflichtige Gewerke nicht überwacht hat und dies verschweigt. Voraussetzung sei allerdings, dass der Architekt das Bewusstsein habe, er habe seine Bauüberwachungsaufgabe nicht vertragsgerecht wahrgenommen. Ein solches Bewusstsein fehle, wenn er nicht erkenne, dass ein Gewerk überwachungspflichtig ist. Hier allerdings habe das Berufungsgericht festgestellt, dass dem Beklagten bekannt war, dass er den Einbau der Dampfsperre hätte überwachen müssen.
 
Schließlich weist der BGH darauf hin, dass Voraussetzung für ein arglistiges Verschweigen des Mangels der Bauüberwachung nicht sei, dass der Architekt das Bewusstsein habe, der Unternehmer habe mangelhaft gearbeitet. Denn arglistiges Verschweigen erfordere nicht, dass der Architekt bewusst nachteilige Folgen der vertragswidrigen Leistungen in Kauf genommen habe. Es verlange keine Schädigungsabsicht und keinen eigenen Vorteil. Deshalb entlaste es den Architekten hier nicht, wenn er auf die mangelfreie Einbringung der Dampfsperre durch den Unternehmer vertraut hatte.
Hinweis
Das Urteil fügt sich in die Reihe der Urteile zu der Verlängerung der Verjährung wegen arglistigen Verschweigens oder wegen Organisationsverschuldens, (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2007sowie OLG Celle, Urteil vom 31.08.1994). Soweit der BGH darauf hinweist, dass es an einer Arglist fehle, wenn dem Architekten die Überwachungspflicht eines bestimmten Gewerkes nicht bekannt gewesen sei, sei darauf aufmerksam gemacht, dass diese Argumentation des Architekten in der Regel wohl nur bei einfachen und handwerklich üblichen Gewerken in Betracht kommen kann (vgl. unter Überwachungspflichten des Architekten).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck