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Umfang der Architektenvollmacht – Verständnis aus Sicht der Baubeteiligten

Der Umfang der Vollmacht des Architekten richtet sich in Ermangelung ausdrücklicher Vereinbarungen nach dem Verhalten des Bauherrn und seines Architekten aus der Sicht eines objektiven Empfängers einer Erklärung des Architekten.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Die Befugnisse des Architekten, den Bauherrn gegenüber Dritten, beispielsweise Bauunternehmern, zu vertreten, richtet sich nach der ihm erteilten Vollmacht.

Wird ein Architekt nicht ausdrücklich, z.B. im Vertrag, bevollmächtigt, so kann er u.U. gleichwohl im Rahmen einer sog. "originären Vollmacht" zur Vertretung des Bauherrn berechtigt sein.
Beispiel
(nach Brandenburgisches OLG BauR 2002, 476 ff. , Urt. v. 22.11.2001 - 12 U 65/01)
Ein Abbruchunternehmen verlangt von dem Architekten des Bauherrn Vergütung für ursprünglich geschuldete und erbrachte Leistungen sowie für zusätzlich beauftragte und erbrachte Leistungen. Das Unternehmen stützt sich darauf, dass der Architekt die Aufträge (auch) in eigenem Namen erteilt habe. Der Architekt beruft sich darauf, dass er erkennbar sich selbst nicht verpflichten wollte.

Das Brandenburgische OLG ist der Ansicht, dass zwischen dem Abbruchunternehmen und dem Architekten kein eigener Vertrag zustande gekommen sei. Aus Sicht des Auftragnehmers – des Abbruchunternehmers – ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Architekt für seinen Auftraggeber tätig wird und im Namen seines Auftraggebers – den Bauherrn – handelt. Aus Sicht eines objektiven Empfängers entspricht das der üblichen Interessenlage bei einem Bauvorhaben. Eingeschlossen ist dabei, dass der Architekt sich regelmäßig auch nicht neben den Bauherrn zusätzlich selbst verpflichten will.

Beachte: nunmehr wohl anders entschieden durch den BGH Architekt: Bevollmächtigter Vertreter oder Auftraggeber?

Hinweis
In dem Prozess stellte sich weiter die Frage, ob der Bauunternehmer den Architekten nicht als vollmachtlosen Vertreter in Anspruch nehmen konnte. Der Bauunternehmer behauptete insoweit, der Architekt habe eine Vollmacht nicht erteilt bekommen. Tatsächlich konnte eine rechtsgeschäftliche Vollmacht nicht festgestellt werden. Allerdings nahm das Gericht eine Duldungsvollmacht an. Der Auftraggeber, der Kopien von Aufträgen, die der für ihn tätige Architekt in seinem Namen erteilt hat, widerspruchslos entgegennimmt und auch nur teilweise Abschlagsrechnungen ausgleicht, duldet das Verhalten des Architekten mit der Folge, dass der Architekt aus Sicht des Auftragnehmers als bevollmächtigt gilt, sogenannte Duldungsvollmacht.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck