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Umfang der Architektenvollmacht: Vereinbarung von Abzügen von der Schlussrechnung?

Der Umfang der Vollmacht des Architekten richtet sich in Ermangelung ausdrücklicher Vereinbarungen nach dem Verhalten des Bauherrn und seines Architekten aus der Sicht eines objektiven Empfängers einer Erklärung des Architekten. Zur Vereinbarung von Abzügen von der Schlussrechnung soll der Architekt grundsätzlich bevollmächtigt sein.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Die Befugnisse des Architekten, den Bauherrn gegenüber Dritten, beispielsweise Bauunternehmern, zu vertreten, richtet sich nach der ihm erteilten Vollmacht.

Wird ein Architekt nicht ausdrücklich, z.B. im Vertrag, bevollmächtigt, so kann er u.U. gleichwohl im Rahmen einer sog. "originären Vollmacht" zur Vertretung des Bauherrn berechtigt sein.
Beispiel
(nach OLG Schleswig , Urt. v. 03.05.2005 - 3 U 116/03)
Ein Architekt ist unter anderem mit der Rechnungsprüfung beauftragt. Die Schlussrechnung des Unternehmers kürzt er und setzt sich eigenständig mit dem Unternehmer in Verbindung. Unternehmer und Architekt einigen sich darauf, dass der Unternehmer dem Bauherrn einige Rechnungspositionen erlässt. Der Bauherr zahlt nicht und der Unternehmer klagt den gesamten – auch den aufgrund der Vereinbarung mit dem Architekten erlassenen Betrag – ein. Der Bauherr beruft sich u.a. auf die Erlassvereinbarung zwischen Bauunternehmer und Architekt. Der Bauunternehmer meint, dass die Vereinbarung unwirksam sei, da sie von der Vollmacht des Architekten nicht erfasst sei.
Dem folgt das OLG nicht. Ein Architekt, dem auch die Rechnungsprüfung übertragen worden sei, könne auch ohne ausdrückliche Vollmacht des Bauherrn mit dem Unternehmer wirksam vereinbaren, dass von der Schlussrechnung Abzüge vorgenommen werden. Das OLG stellt dabei offensichtlich auf das Konstrukt der sog. originären Vollmacht ab. Der Erlass sei für den Bauherrn auch rechtlich vorteilhaft. Hilfsweise stützt das Gericht seine Ansicht darauf, dass der Bauherr den Erlassvertrag durch sein Verhalten genehmigt habe.
Hinweis
Die Entscheidung ist mit Vorsicht zu genießen. Das Ergebnis steht im Vordergrund, weniger die Begründung. Der Bauunternehmer sollte beim Wort genommen werden. Eine Bedingung – etwa Zahlung im übrigen – war mit der Vereinbarung der Abzüge nicht verbunden. Der Bauherr hatte auch Teilzahlungen geleistet. Es darf aber bezweifelt werden, ob das Konstrukt der originären Vollmacht passt und für den Architekten Vorteile in der Handhabung seiner Vertragspflichten bringt. Der Architekt könnte dann auch einen schlechten – nicht nur vorteilhaften – Abzug mit Bindung für den Bauherrn vereinbaren. Dem Grunde nach ist dem Architekten zu empfehlen, eine Vorverhandlung mit dem Bauunternehmer mit dem Bauherrn zuvor abzustimmen, dann die Bereitschaft des Bauunternehmers zu erörtern und ihm verbindliche Zusagen unter Hinweis auf die erforderliche Genehmigung des Bauherrn abzuringen dann dem Bauherrn das Ergebnis zur evtl. Genehmigung darzustellen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck