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Traufe eines Wintergarten-Glasdachs: Besondere Anforderungen an die Bauaufsicht

Die Traufe eines Wintergarten-Glasdaches stellt ein besonders schadenträchtiges Detail dar; ein bauleitender Architekt hat schon während der Bauausführung zu überprüfen, ob dieses Detail einen ausreichenden Schutz gegen eindringendes Wasser bietet.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In der Leistungsphase 8 begründet die Verletzung u.a. von Überwachungspflichten oft eine Haftung des Architekten.

Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich nach dem Einzelfall; Besonderheiten ergeben sich z.B. bei wichtigen und kritischen Arbeiten.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 06.07.2000 - VII ZR 82/98 - NJW-RR 2000,1468)
Ein Hauseigentümer wollte einen Wintergarten anbauen. Er beauftragte einen Architekten mit der Erstellung der Statik sowie der Bauaufsicht. Nach der Fertigstellung des Wintergartens zeigten sich alsbald Feuchtigkeitsmängel. Im Traufbereich drang wiederholt Wasser ein. Es kam zu mehreren Mängelrügen gegenüber dem ausführenden Bauunternehmen. Das Bauunternehmen versuchte erfolglos, Nachbesserungsarbeiten durchzuführen. Inzwischen war die Holzkonstruktion teilweise verfault. Der Bauherr gab ein Privatgutachten in Auftrag, welches zum Ergebnis kam, dass eine Fehlkonstruktion vorliege, weil die schrägen Glasscheiben im Traufbereich nicht über die senkrechten Scheiben hinausragend ausgeführt waren. Der Bauherr nimmt den Architekten auf Schadensersatz in Höhe von über DM 100.000,00 in Anspruch.

Der BGH verurteilte den Architekten. Der Architekt hafte hier, da er seine Pflicht zur Bauüberwachung verletzt habe. Nach ständiger Rechtsprechung habe der Architekt bei wichtigen oder kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, erhöhte Aufmerksamkeit walten zu lassen und seine Bauaufsicht intensiver wahrzunehmen. Danach sei der Architekt verpflichtet gewesen, die Traufe des Glasdaches, die ein besonders schadenträchtiges Detail darstelle, bereits während ihrer Ausführung daraufhin zu überprüfen, ob sie einen ausreichenden Schutz gegen eindringendes Wasser bewirken könne.
Hinweis
Das OLG hatte die Klage noch mit folgender Begründung abgewiesen:
Ein im Rahmen der Bauüberwachung festzustellender Mangel verpflichtet den Architekten, den Unternehmer zur Mängelbeseitigung aufzufordern, notfalls unter Fristsetzung und Ablehnungsandrohung. Diese Verpflichtung habe der Architekt erfüllt. Dass er sich damit möglicherweise in Verzug befunden habe, führe nicht zur Haftung. Allein der Bauherr habe die Entscheidung treffen müssen, den ausführenden Unternehmer zur endgültigen Schadensbeseitigung bzw. zum Schadensersatz heranzuziehen. Der Architekt habe dem Bauherrn geraten, einen Gutachter einzuschalten. Wenn der Bauherr diesem Rat schon 1992 gefolgt wäre, dann hätte er den Unternehmer veranlassen können, die Glasscheiben auszuwechseln. Stattdessen habe der Bauherr zugewartet. Der BGH sah die Verantwortlichkeit des Architekten anders und hob das Urteil des OLG´s auf. Bei fachgerechter Überprüfung habe der Architekt schon während der Errichtung des Wintergartens erkennen müssen, dass das Glasdach im Traufbereich fehlerhaft ausgeführt worden sei. Er hätte alsdann den Unternehmer umgehend zur fehlerfreien Ausführung der Dachkonstruktion veranlassen müssen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck