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Telekommunikationsleitungen dürfen nicht unbemerkt bleiben!


Zu den Aufgaben eines mit den Leistungsphasen 1-4 nach HOAI beauftragten Architekten gehört die Klärung der Frage, ob auf dem Baugrundstück hinderliche Telekommunikationsleitungen liegen.


Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 1 - 5 führen Planungsfehler zu einer Haftung des Architekten.

Grundvoraussetzung einer fehlerfreien Planung ist zunächst die Einhaltung der "vertraglich oder gewöhnlich vorausgesetzten Beschaffenheit", insb. der allg. anerkannten Regeln der Technik und Baukunst.
Beispiel
(nach OLG Frankfurt , Urt. v. 30.09.2019 - 29 U 93/18)
Ein Architekt wird mit Planungsleistungen, Leistungsphasen 1-4, für den 1. Bauabschnitt eines größeren Logistikparks auf einem Baugrundstück des Bauherrn beauftragt. Im Rahmen der Grundlagenermittlung erhält der Architekt, teils über den Projektsteuerer, verschiedene Unterlagen zum Baugrundstück, unter anderem auch Pläne der zuständigen Stadtwerke zu den Erschließungstrassen von Medien, Wasser, Strom etc.. Unbemerkt bleibt allerdings eine quer über das Baufeld verlaufende (nicht dem Grundstück dienende) Telekommunikationsleitung, welche 5 Jahre zuvor mit Genehmigung der Bauherrin verlegt worden war. Zu Beginn der Bauausführung kommt es vor dem Hintergrund dieser Trasse zu Verzögerungen und Schäden. Die Bauherrin will den Architekten für diese Schäden in Haftung nehmen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt bejaht eine entsprechende Pflichtverletzung des Architekten. Zu den Hauptpflichten eines mit Leistungen entsprechend den Leistungsphasen 1-4 der HOAI beauftragten Architekten gehöre es, die Eignung des Baugrundes für das Bauvorhaben zu prüfen und den Bauherrn entsprechend zu beraten. Die Prüfpflicht erstrecke sich auch auf dem Baugrundstück liegende Kabel und Leitungen. Die Existenz einer Telekommunikationsleitung auf dem Baugrundstück lag nicht so fern, dass der Architekt auf entsprechende Erkundigungen verzichten dürfte. Der Feldweg, unter dem die Leitung verlegt war, stellte eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Fläche dar; unter öffentlichen Flächen liefen – so meint das Gericht durch einen Sachverständigen beraten – erfahrungsgemäß verschiedenste Leitungen. Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht eine Pflicht des Architekten, jedenfalls bei dem Unternehmen D2.T.AG als Eigentümerin und Betreiberin der überwiegend im Bundesgebiet verlegten Telekommunikationsleitungen nach entsprechenden Leitungen auf dem Grundstück nachzufragen.


Hinweis
Ungeachtet der festgestellten Pflichtverletzung des Architekten kommt dieser im vorliegenden Prozess mit ein wenig Glück noch einmal davon: Das Gericht nimmt nämlich ein ganz überwiegendes Mitverschulden des Bauherrn an, welches zu einem Ausschluss der Haftung des Architekten führt. Ein Bauherr, der vor längerer Zeit die Verlegung einer Leitung über sein Baugrundstück gestattet hat, ist im eigenen Interesse gehalten, dies aktenmäßig zu dokumentieren und anlässlich einer späteren Bebauung den Baubeteiligten offenzulegen.


Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck