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Schadensermittlung bei Bausummenüberschreitung: Sachwertverfahren oder Ertragswertverfahren?

Bei der Schadensermittlung im Falle von Bausummenüberschreitungen ist der anzusetzende Verkehrswert bei vorgesehener Eigennutzung nach dem Sachwertverfahren und nicht nach dem Ertragswertverfahren zu ermitteln. Ist das Haus die aufgebrachten Kosten wert, so kann der Bauherr auch nicht damit gehört werden, er habe es so aufwendig und individuell geplant, dass er die Kosten bei einem Verkauf nicht hereinbekomme.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Ein Sonderbereich der Architektenhaftung stellt die Haftung für Bausummenüberschreitungen dar.

Steht eine Haftung des Architekten wegen Bausummenüberschreitung dem Grunde nach fest, so bereitet die Feststellung des Schadens oft Probleme.


Beispiel
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 19.10.1999 - 10 U 89/97)
Ein Bauherr macht gegenüber seinem beauftragten Planer nach Fertigstellung Schadensersatz wegen Bausummenüberschreitung geltend. Gestritten wird über die Frage, ob das Sachwertverfahren oder das Ertragswertverfahren zur Verkehrswertermittlung anzusetzen ist. Des weiteren argumentiert der Bauherr, er würde selbst den nach dem Sachwertverfahren ermittelten Verkehrswert bei einer Veräußerung nicht erzielen könne.
 
Das OLG Stuttgart stellt mit der herrschenden Ansicht fest, dass bei vorgesehener Eigennutzung der anzusetzende Verkehrswert nach dem Sachwertverfahren zu ermitteln sei; das Ertragswertverfahren kommt nur bei vorgesehener Vermietung in Betracht. Stelle man hier den vom Sachverständigen ermittelten Sachwert des Objektes den aufgewandten Kosten gegenüber, so ergebe sich für den Bauherrn kein Schaden.
 
Das OLG führt weiter aus, dass es nicht angehen könne, dass der Bauherr eines teureren Hauses Schadensersatz bekomme, weil er dieses Haus für die aufgewendeten Kosten später nicht verkaufen könne, während dies bei einem Haus mittleren Preisniveaus, das ohne weiteres zu den tatsächlichen Baukosten verkauft werden kann, nicht der Fall sei. Auch im vorliegenden Fall sei die Planung des Objektes derart individuell und aufwendig, dass von vornherein damit zu rechnen sei, dass beim Verkauf die aufgewandten Kosten nicht hereinzubekommen sein, weil jeder Bauherr, der so hohe Kosten für den Kauf des Objektes aufwenden müsse, dann lieber ein Objekt ganz nach seinen eigenen Vorstellungen plane und durchführe.
 
Auch die durch den eventuell nicht geplanten höheren Aufwand angefallenen Zinsen seien nicht erstattungsfähig, weil eben gerade ein Haus solcher Größenordnung und Ausstattung nur mit den tatsächlich entstandenen Aufwand zu realisieren sei und damit die angefallenen Kosten dafür notwendige Kosten seien.

Hinweis
Nach der Rechtsprechung des BGH werden zum Zwecke der Schadensermittlung übrigens die tatsächlich aufgewandten Kosten mit dem Verkehrswert des Objektes im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung gegenübergestellt. (BGH Urteil vom 07.11.1996 – VII ZR 23/95 – Baurecht 1997, 335); Ausnahmen können auch nach BGH allerdings nach Treue und Glauben gemacht werden.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck