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Prüfung der Kampfmittelfreiheit = Besondere Leistung Standortanalyse?
 

Die Klärung der Kampfmittelfreiheit ist nach Ansicht des OLG Hamm keine besondere Leistung, sondern eine Grundleistung der Leistungsphase 2.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Hat der Architekt besondere Leistungen ohne Honorarvereinbarung erbracht, so erhält er hierfür kein Honorar.


Beispiel
(nach OLG Hamm , - Urteil vom 18.5.2021 – 24 U 48/20)
Bauherr und Architekt streiten um die Frage, ob die Klärung der Kampfmittelfreiheit eine besondere Leistung sei oder nicht. Das OLG Hamm entscheidet hierzu, dass es sich um eine Grundleistung der Leistungsphase 2, nicht um eine besondere Leistung, insbesondere nicht um die besondere Leistung der Leistungsphase 1 Standortanalyse (HOAI Anlage 10.1, Leistungsphase 1, rechte Spalte) handele.

Besondere Leistungen seien solche Leistungen, die erforderlich seien, um besondere Anforderungen des Auftrages gerecht zu werden, für deren Erfüllung der Katalog der Leistungen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrages im allgemeinen erforderlich seien, nicht ausreiche. Eine Standortanalyse als besondere Leistung der Leistungsphase 1 stelle indes eine betriebswirtschaftliche Aufgabe dar, sie stehe im Zusammenhang mit der Standortplanung und Standortsuche. Zum einen können darunter immobilienwirtschaftliche Untersuchungen zur Frage der Vermarktungsmöglichkeiten durch Verkauf, Vermietung oder Verpachtung an einem angedachten oder noch zu findenden Standort zu verstehen seien; es könne aber auch darum gehen, den idealen Standort für ein Unternehmen herauszufinden. Dafür müssten zunächst Kriterien für Standortfaktoren gebildet und auf Anforderungsprofil definiert werden. Sei – wie hier – ein Grundstück bereits gefunden, könne analysiert werden, ob dieses den gestellten Anforderungen genüge. Aus Vorstehendem folge, dass es sich bei der Frage der Kampfmittelfreiheit gerade nicht um eine Standortanalyse handele, sondern um die Beurteilung der Frage, ob das bereits ausgewählte Grundstück erst nach Abklärung der Kampfmittelbelastung bebaubar sei.
Hinweis
In dem fraglichen Prozess (vgl. Parallelurteil) hat der Architekt eine Abklärung der Kampfmittelfreiheit vor Errichtung des Neubaus unterlassen, weshalb der Bauherr ihn anschließend auf Schadensersatz (für die Mehrkosten einer nachträglichen Überprüfung der Kampfmittelfreiheit) in Anspruch nahm. Der Architekt wehrte sich hierbei unter anderem mit dem Argument, bei der Klärung der Kampfmittelfreiheit handele es sich um eine besondere, von ihm nicht geschuldete Leistung. Schon bei dieser Argumentation verkennt der Architekt allerdings, dass es für die Frage, ob er im Hinblick auf die unterlassene Überprüfung der Kampfmittelfreiheit haftet oder nicht, nicht auf die Frage ankommt, ob es sich bei der Kampfmittelüberprüfung um eine besondere Leistung handelt oder nicht. Jedenfalls in der Regel hat der Architekt auf der Grundlage seiner Beauftragung alles zu tun, um das beauftragte Werk erfolgreich herzustellen bzw. entstehen zu lassen. Ob es sich bei den hierfür zu erbringenden Leistungen um Grundleistungen nach HOAI oder besondere Leistungen handelt, spielt - jedenfalls wenn der Vertrag nichts Eindeutiges regelt - keine Rolle (vgl. BGH, Urteil vom 24.10.1996).
 
Anders ist dies im Honorarrecht, wo die Qualifikation einer Leistung als besondere Leistung zur Folge hat, dass eine zwischen den Parteien für die Grundleistung vereinbarte Vergütung die besondere Leistung nicht mit abdeckt. Ob und inwieweit dann (gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung der neuen HOAI 2021) eine zusätzliche Vergütung zusteht, ist zu prüfen. Allerdings meint das OLG Hamm, bei der Klärung der Kampfmittelfreiheit handele sich nicht um eine besondere Leistung, insbesondere nicht um die besondere Leistung Standortanalyse. Tatsächlich wird die Leistung – Prüfung der Kampfmittelfreiheit – keine Standortanalyse im Sinne dieser besonderen Leistung der Leistungsphase 1 sein. Auch die Aufklärung des Bauherrn, dass die Frage der Kampfmittelfreiheit vor Bebauung des Grundstückes zu klären ist, stellt sicherlich keine besondere Leistung dar, sondern eine Verpflichtung, die jedem Architekten im Rahmen der Verwirklichung eines Neubauvorhabens trifft. Die Durchführung der dann aber für die Klärung der Kampfmittelfreiheit (in den Bundesländern und teils sogar innerhalb der Bundesländer unterschiedlichen) Verfahren, z.B. Antrag auf Luftbildauswertung bei der Feuerwehr oder Kommune in NRW, dürfte eine besondere Leistung sein.
 

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck