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Provisorische Abgasleitung im Rahmen einer Sanierung: durch Architekten zu prüfen!

Werden im Rahmen einer Gebäudesanierung aufgrund des vorgesehenen Rückbaus von Kaminzügen provisorische Abgasleitungen errichtet, ist der bauüberwachende Architekt verpflichtet, die ordnungsgemäße Ausführung zu überprüfen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Unabhängig von seinen Pflichten aus dem mit dem Bauherrn geschlossenen Vertrag kann der Architekt u.U. auch dann in Haftung genommen werden, wenn Gesundheit oder Eigentum von Dritten beschädigt wird, sog. deliktische Haftung.
Beispiel
(nach OLG Köln, Beschluss vom 01.07.2021 , - 7 U 117/20)
Ein vermietetes Wohnhaus wird – bei durchgehend weiterer Nutzung durch die Mieter – saniert. Aufgrund des erforderlichen Rückbaus von Kaminzügen sieht die Planung des Architekten die Errichtung einer provisorischen Ableitung von Abgasen vor. Nachdem ein Unternehmer eine Ableitung mit Mineralwolle verstopft, dringen Abgase in eine Wohnung ein und führen zu einer Vergiftung der dortigen Mieter. Die Mieter nehmen den Architekten wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten auf Schadensersatz in Anspruch.

Das OLG Köln spricht den Mietern Schadensersatz zu. Zwar obliege einem Architekten grundsätzlich nur eine sekundäre Verkehrssicherungspflicht, d. h. er brauche grundsätzlich nur diejenigen Verkehrssicherungspflichten zu beachten, die dem Bauherrn als dem mittelbaren Veranlasser der aus der Bauausführung fließenden Gefahren obliegen (primär verkehrssicherungspflichtig ist der Bauunternehmer selbst). Unmittelbar selbst verkehrssicherungspflichtig werde ein mit der örtlichen Bauaufsicht beauftragter Architekt aber u. a. dann, wenn er eine Gefahrenquelle erkannt hat oder eine solche bei gewissenhafter Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können. Dann sei er verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer zu verhindern (vgl. unter Haftung/deliktische Haftung).

Hier habe es in Anbetracht der Gefährlichkeit einer Vergiftung für die Mieter dem Architekten oblegen, sich von der ordnungsgemäßen provisorischen Ableitung der Abgase aller aktiven Kaminzüge vor Ort nach Vornahme der Ableitung zunächst Gewissheit zu verschaffen und auch die weitere Ordnungsgemäßheit der provisorischen Ableitung im Zuge der Baumaßnahme durch regelmäßige Kontrollen sicherzustellen. Der Architekt könne sich insoweit auch nicht darauf berufen, die Arbeiten seien durch zuverlässige Vertragspartner, die regelmäßig für seinen Auftraggeber tätig gewesen seien, ausgeführt worden.
Hinweis
Der Architekt haftet hier gegenüber Dritten, obgleich ihn mit diesen Dritten ein Vertragsverhältnis nicht verbindet; es handelt sich um eine gesetzliche Haftung gemäß § 823 BGB. Auf diese Weise kommt auch eine Haftung gegenüber Mietern in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 22.10.1986). 

Der Architekt wird im Übrigen auch gegenüber seinem Bauherrn haften, da die fehlende Kontrolle der provisorischen Ableitung auch eine Pflichtverletzung gegenüber dem Bauherrn im Rahmen der Objektüberwachung darstellt.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck