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Planung mangelhaft trotz uneingeschränkter Nutzung des Gebäudes

Weist ein Gebäude nicht die vereinbarte technische Qualität auf, so ist die Planung des Architekten mangelhaft, selbst wenn die konkrete Nutzung durch den Mangel nicht eingeschränkt wird.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 1 - 5 führen Planungsfehler zu einer Haftung des Architekten.

Ein Planungsfehler kann u.a. vorliegen, wenn die Planung von der vereinbarten Gebrauchstauglichkeit abweicht; der Architekt ist grds. an Bauherrnwünsche gebunden.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 15.12.1994 - - VII ZR 246/93 -; BauR 1995, 388; ZfBR 1995, 129)
Ein Architekt wurde mit Planung und Ausführung für den Neubau eines Lebensmittelmarktes beauftragt. Vereinbarungsgemäß sollte die Geschoßdecke eine Tragfähigkeit von 500 kp/qm aufweisen. Aufgrund einer fehlerhaften Planung betrug die Tragfähigkeit von Teilen der Geschoßdecke des fertiggestellten Gebäudes allerdings nur 200 kp/qm. Der Bauherr verlangt Schadensersatz wegen Wertminderung des Gebäudes. Der Architekt wendet ein, die Herabsetzung der Tragfähigkeit habe zu keiner Nutzungsbeeinträchtigung geführt. Die Fläche, in denen die Tragfähigkeit herabgesetzt sei, sei durch den Betreiber des Lebensmittelmarkts für Sozialräume verwendet worden. Für solche Räume genüge aber die vorhandene Tragfähigkeit von 200 kp/qm.

Der Bundesgerichtshof urteilte, die Planung des Architekten sei mangelhaft, da das Gebäude nicht die vertraglich geschuldete technische Qualität aufweise. Es käme nicht darauf an, ob die konkrete Nutzung des Gebäudes beeinträchtigt gewesen sei. Entscheidend sei vielmehr, ob sich die vertragswidrige Beschaffenheit auf den Ertrags- oder Veräußerungswert des Gebäudes auswirke. Ein Minderwert der Gewerbeimmobilie und damit ein Schaden könne sich daraus ergeben, daß die aufgrund des Planungsfehlers tatsächlich vorhandene Nutzungsmöglichkeit hinter der vertraglich vereinbarten zurückbleibe; unabhängig hiervon komme aber ein Minderwert auch schon in Betracht, wenn der technische Mangel zu einem verringerten Vertrauen in die Qualität und damit zu einer verringerten Verwertbarkeit des Gebäudes führe.
Hinweis
In Architekten-AVA`s ist regelmäßig zu lesen, daß sich der Architekt verpflichtet, seine Leistungen nach "den allgemein anerkannten Regeln der Baukunst und der Bautechnik zu erbringen". Solche Klauseln können zu der irrigen Vorstellung führen, mit einem technisch einwandfreien Werk habe der Architekt seine Vertragspflicht erfüllt. Dabei stellen die allgemein anerkannten Regeln der Technik und Baukunst lediglich einen Mindestmaßstab für die Beurteilung des Werks dar. Tatsächlich hat der Architekt den mit dem Bauherrn vereinbarten Werkerfolg herbeizuführen. Durch die oben genannte Klausel in den AVA`s wird die Pflicht zur Herstellung des Werkerfolges auch nicht etwa eingeschränkt. In dem geschilderten Fall lag objektiv kein Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik und Baukunst vor, nicht einmal die konkrete Nutzung des Werks war eingeschränkt. Trotzdem wurde ein Planungsfehler und ein Schaden bejaht.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck