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Planung genutzt, um Baumaßnahme zu kalkulieren: gleichwohl Akquise?

Eine vergütungspflichtige Architektenleistung liegt nach Ansicht des OLG Koblenz nicht schon deshalb vor, weil Planungen als kalkulatorische Grundlage für Baumaßnahmen genutzt wurden.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Fraglich ist zunächst, ob ein Vertrag tatsächlich zwischen Architekt und Bauherr zustande gekommen ist.

Von dem Zustandekommen eines Vertrages ist nicht auszugehen, wenn der Architekt seine Leistungen lediglich akquisitorisch erbracht hat.
Beispiel
(nach OLG Koblenz , Urt. v. 06.09.2017 - 5 U 400/17)
Ein Architekt erbringt Leistungen aus den ersten Leistungsphasen (im Einzelnen streitig) und klagt später auf Honorar für diese Leistungen. Der Bauherr beruft sich darauf, es habe sich um reine Akquiseleistungen gehandelt. Des OLG Koblenz folgt der Ansicht des Bauherrn. Eine vergütungsfähige Architektenleistung liege nicht schon deshalb vor, weil Planungen des Architekten genutzt würden, um als kalkulatorische Grundlage für Baumaßnahmen zu dienen. Bei der Entscheidung, ob ein Bauvorhaben realisiert werden kann, spiele eine maßgebliche Rolle, mit welchen finanziellen Aufwendungen bei der Umsetzung zu rechnen sei. Um diese Aufwendungen, abgestimmt anhand der Planungen, schätzen zu können, bedarf es einer entsprechenden Kalkulation. Aus dem Umstand, dass Pläne genutzt werden, um Kalkulationen erstellen zu lassen, kann daher nicht zwingend auf einen Rechtsbindungswillen geschlossen werden. Vielmehr könne es sich auch um Vorbereitungsmaßnahmen handeln, die in der Absicht durchgeführt werden, die Baumaßnahme später umzusetzen.
Hinweis
Ein Urteil mit nach diesseitiger Ansicht enttäuschender Begründung: In vielen Bereichen des täglichen Lebens wird ohne weiteres auf einen Rechtsbindungswillen geschlossen, wenn Leistungen eines Berufsträgers in Anspruch genommen werden (in vielen Fällen wird dabei ebenso wenig über das Entgelt geredet, wie beim Architekten, zum Beispiel Einsteigen in ein Taxi mit den Worten "Einmal Hauptbahnhof bitte"). Die Tatsache, dass anfängliche Architektenleistungen natürlich (!) dazu dienen, den Bauherrn in die Lage zu versetzen, über das Ob und Wie des Bauvorhabens zu entscheiden, veranlasst immer wieder Gerichte, wie hier das OLG Koblenz, zu urteilen, dann könne ja ein Rechtsbindungswille beim Auftraggeber nicht angenommen werden . Dabei handelt es sich bei diesen vorbereiteten Leistungen um ganz normale Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 3, mithin um zentrale Leistungen des Berufsträgers Architekt. Es ist absolut nicht verständlich, warum Architekten solche Leistungen andauernd unentgeltlich erbringen wollten.
 
Der Gesetzgeber selbst hat die Problematik zwischenzeitlich gesehen und die Entgeltlichkeit der „neuen Zielfindungsphase“ ausdrücklich in der Bauvertragsnovelle 2018, auch in der Gesetzesbegründung herausgestrichen; ob dies allerdings eine Wende in der Rechtsprechung bewirkt, muss abgewartet werden.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck