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Nur Leistungsphase 2 bis 4 durch schriftlichen Vertrag übertragen: Honorar für erbrachte Grundlagenermittlung?

Werden durch den schriftlichen Architektenvertrag ausdrücklich die Leistungsphasen 2 bis 4 vereinbart, dann kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Architekt die Grundlagenermittlung, Leistungsphase 1, zu erbringen hat und - soweit er sie gleichwohl erbracht hat - Honorar verlangen kann.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 23.11.2006 - VII ZR 110/05 entgegen OLG Naumburg, Urt. v. 20.04.2005 - 6 U 93/04)
Einem Ingenieurbüro waren durch schriftlichen Vertrag die Tragwerksplanungsleistungen für ein Bauvorhaben übertragen worden, allerdings erst ab Leistungsphase 2. Das Ingenieurbüro erbringt auch Leistungen der Grundlagenermittlung, die der Bauherr auch entgegen nimmt. Bauherr und Tragwerksplaner geraten über die Qualität der erbrachten Leistungen in Streit. Der Bauherr löst sich von dem Tragwerksplaner. Der Tragwerksplaner rechnet daraufhin unter anderem die erbrachten Leistungen ab, auch die nach dem Vertrag nicht geschuldete aber tatsächlich vom Tragwerksplaner erbrachte Grundlagenermittlung der Leistungsphase 1. Der Bauherr beruft sich auf die ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Parteien, nach welcher die Leistungsphase 1 nicht übertragen wurde.

Das Landgericht folgt dem Argument des Bauherrn, das OLG schließt sich dem Argument des Tragwerksplaners an (vgl. Honoraranspruch / Umfang gem. Honorarvereinbarung / Mindestsätze / Mindestsatzunterschreitung durch Nichtübertragung der Lph 1 ) und der BGH folgt wieder dem Bauherrn unter Zurückverweisung des Rechtsstreits an das OLG, um zu prüfen, ob der Honoraranspruch auf anderweitige rechtliche Grundlagen gestellt werden kann (Geschäftsführung ohne Auftrag, Bereicherungsrecht). Ein vertraglicher Honoraranspruch besteht nach Ansicht des BGH nicht.
Vertraglich vereinbart war die Erbringung der Leistungsphase 2 und 3, gegebenenfalls auch 4. Leistungen der Leistungsphase 1 waren nicht vereinbart und im Ergebnis auch nicht geschuldet. Allein der Umstand, dass die Leistungen tatsächlich erbracht wurden, führt nicht dazu, dass sie vertraglich geschuldet und mithin zu vergüten waren. Der weitere Umstand, dass die Grundlagenermittlung Voraussetzung für weitere Planungsschritte sei, führt ebenfalls nicht dazu, dass die Leistung quasi automatisch mit der nachfolgenden Leistungsphase mit beauftragt ist und zu vergüten ist. Die Wechselbeziehung besteht auch zwischen anderen Leistungsphasen, ohne dass die vorangehende Leistungsphase zwangsläufig eine Teilleistung der nachfolgenden Leistungsphase sei und deshalb mit zu vergüten wäre. Eine Mindestsatzunterschreitung kommt daher nicht in Betracht, weil Maßstab immer nur die vertraglich geschuldete Leistung sei. Ist aber die Grundleistung nicht geschuldet, dann kann sie im Rahmen der Fragestellung nach einer Mindestsatzunterschreitung nicht berücksichtigt werden.
Hinweis
Das Urteil ist juristisch nachvollziehbar, bewegt sich aber an der Grenze der tatsächlichen Begebenheiten. Ausdrücklich lässt der BGH daher auch die Frage offen, ob nicht gegebenenfalls – wofür einiges spreche – ein gesonderter Vertrag zur Erbringung der Grundlagenermittlung geschlossen wurde. Die Parteien standen schon länger im Zusammenhang mit dem Vorhaben in Verbindung und offenbar sind auch vor Abschluss des Vertrages schon Leistungen erbracht worden. Wenn sich daraus kein eigenes Vertragsverhältnis herleiten lässt, dann gibt der BGH dem OLG mit auf den Weg, andere Anspruchsgrundlagen – Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht - zu prüfen bzw. den Parteien aufzugeben, gegebenenfalls dazu noch etwas vorzutragen. Die Botschaft des BGH ist im übrigen klar: nur die vertraglich vereinbarten Leistungen begründen eine Vergütung nach HOAI. Im vorliegenden Fall ließ sich wegen der ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung (ab Lph 2) nicht durch Auslegung feststellen, dass die Grundlagenermittlung mit dem vorgelegten Vertrag mit beauftragt wurde.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck