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Nichteinhaltung der in den HOAI-Leistungsbildern vorgesehenen Chronologie: Mangel?

Die Nichteinhaltung der in den HOAI-Leistungsbildern vorgesehenen Chronologie ist für sich genommen kein Mangel der Werkleistung.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Für die Frage, ob den Architekten eine Haftung treffen kann, ist zunächst die geschuldetete Leistung, d.h. der Umfang der Pflichten des Architekten zu ermitteln.
Beispiel
(nach OLG Celle , Urt. v. 26.10.2011 - 14 U 59/11)
Ein Tragwerksplaner klagt Honorar gegenüber seinem Auftraggeber ein. Der Auftraggeber meint, die Leistung des Ingenieurs sei mangelhaft; er habe die Chronologie der Leistungsphasen des § 64 HOAI Grundlagenermittlung bis Ausführungsplanung nicht eingehalten, obwohl diese zwingend sei. Entsprechend habe er Abweichungen gegenüber der ursprünglichen Planung seines Architekten zu spät erkennen und sich nicht richtig darauf einstellen können.

Das Oberlandesgericht Celle sieht in dem Vorhalt keinen Mangel und gibt der Honorarklage statt. Die HOAI stelle lediglich öffentliches Preisrecht dar und regele nicht den Inhalt von Verträgen. Darüber hinaus sei die Nichteinhaltung der in der HOAI vorgesehenen Chronologie für sich genommen kein Mangel, denn sie stelle keinen Selbstzweck dar. Entscheidend sei vielmehr, ob eine etwaige Abweichung zu einem Mangel des Werkes im Sinne des Gewährleistungsrechts führe. Dies sei indes hier nicht der Fall. Die Leistung des Tragwerkplaners als solche sei – wie die Beweisaufnahme erbracht habe – nicht zu beanstanden. Aufgabe des Statikers sei es, seine Berechnungen und Feststellungen, gegebenenfalls auch Alternativvorschläge, dem Bauherrn bzw. dessen Architekten vorzulegen. Der Bauherr entscheide sodann mit seinem Architekten über die tatsächliche Umsetzung der aufgezeigten Möglichkeiten. Der Architekt müsse prüfen, ob und wie die Möglichkeiten der Statik mit den Wünschen des Auftraggebers kompatibel gemacht werden könnten, nicht jedoch der Tragwerksplaner.

Hinweis
Die Hintergründe des Urteils sind im Urteil selbst leider nur etwas kryptisch dargestellt. Der Leitsatz dürfte jedoch ohne Weiteres richtig sein. Selbst wenn die Parteien in ihrem Vertrag zur Leistungsbeschreibung auf die Vorschriften der HOAI verwiesen haben (wie häufig), so hat die Einhaltung der in den Leistungsbildern vorgegebenen Reihenfolge der Leistungsphasen keinen Selbstzweck; der Bauherr muss schon im Einzelnen darlegen, warum ihm aus der Nichteinhaltung der Chronologie ein Schaden entstanden ist (etwaig z. B. bei "voreiligen Leistungen", vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.02.1997).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck