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Muss AG schadensersatzpflichtigen Planer zur Planung, Koordination und Beaufsichtigung der Mängelbeseitigung heranziehen?

Ein Auftraggeber kann aus Gründen der Schadensminderungspflicht gehalten sein, den schadensersatzpflichtigen Architekten zur Planung, Koordination und Beaufsichtigung einer Mängelbeseitigung durch den Bauunternehmer heranzuziehen; dies gilt aber nicht, wenn der Architekt unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er die Mängel nicht zu vertreten hat.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Im Einzelfall stellt sich die Frage, ob der Architekt ein Nachbesserungsrecht hat. 
Beispiel
(nach OLG Dresden , Urt. v. 22.03.2012 - 10 U 344/11; BGH, Beschluss vom 24.04.2014 - VII ZR 109/12 (NZB zurückgewiesen))
Ein Architekt wird seitens seines Bauherrn wegen Planungs- und Bauaufsichtsfehlers für einen sich bereits im Bauwerk verwirklichten Mangel in Haftung genommen. Der Bauherr macht insbesondere Mängelbeseitigungs- und (soweit aus dem Urteil ersichtlich) Regiekosten für die Mängelbeseitigung gegen den Architekten geltend. Der Architekt wendet ein, der Bauherr hätte vor dem Hintergrund seiner Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) ihn, den Architekten, mit Planung, Koordination und Beaufsichtigung der Mängelbeseitigung heranziehen müssen; entsprechend seien insoweit entstandene Kosten nicht von ihm zu ersetzen.
 
Das Gericht lässt den Einwand nicht gelten und verurteilt den Architekten weitgehend. Als Grundlage hierfür zieht es offenbar die herrschende Meinung heran, die davon ausgeht, dass ein Planer grundsätzlich kein Nachbesserungsrecht hat, wenn sich ein Planungsfehler schon im Bauwerk realisieren hat (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 08.05.2008 - 12 U 124/06). Das OLG Dresden führt weiter aus, dass ausnahmsweise ein Auftraggeber aber aus Gründen einer Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB gehalten sein könne, den schadensersatzpflichtigen Architekten zur Planung, Koordination und Beaufsichtigung der Mängelbeseitigung durch den Unternehmer heranzuziehen. Vertrete der Planer allerdings gegenüber dem Auftraggeber – wie im vorliegenden Fall – unmissverständlich die Auffassung, dass er selbst die Mängel am Bauwerk nicht zu vertreten habe, dürfe der Auftraggeber annehmen, dass der Architekt nicht bereit sei, kostenfrei Architektenleistungen zu erbringen.
Hinweis
Die Anerkennung einer Obliegenheit des Bauherrn, seinen schadensersatzpflichtigen Architekten mit Planung, Vergabe, Koordination und Bauleitung von Mängeln zu beauftragen, eröffnet einen neuen Weg in der Rechtsprechung. Bisher war grundsätzlich vertreten worden, dass einem Planer nur bei noch nicht im Bauwerk verwirklichten Mängeln ein Nachbesserungsrecht zustehe (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 08.05.2008 - 12 U 124/06 ). Bei bereits im Bauwerk verwirklichten Mängeln komme ein Nachbesserungsrecht nur in Betracht, wenn dieses wirksam vertraglich vereinbart sei.

Die Anerkennung einer Schadensminderungspflicht beim Bauherrn erscheint aber durchaus schlüssig, wenn nicht besondere Gründe vorliegen. Ein solcher Grund kann – neben dem im Urteil enthaltenen (Bestreiten einer Verantwortung) – sicherlich auch ein berechtigter Vertrauensverlust in die Fähigkeiten des Architekten sein.

 

Die Anerkennung einer Obliegenheit des Bauherrn, den Planer für die Mängelbeseitigung heranzuziehen, ist für die Planer von nicht unerheblicher Bedeutung: denn nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Planer Kosten, die ein Bauherr für Planung, Koordination und Bauaufsicht der Beseitigung von Mängeln, für die der Planer verantwortlich ist, anfallen, nicht von seiner Haftpflichtversicherung erstattet verlangen (BGH, Urteil vom 19.11.2008 – IV ZR 277/05). Dem Planer muss also daran gelegen sein, solche Kosten tunlichst zu vermeiden. Er kann entsprechend versuchen, ein Nachbesserungsrecht im Vertrag zu vereinbaren (vgl. hierzu Tipps & mehr: Haftpflichtversicherungsschutz: Ein paarHinweise aus aktuellem Anlass ). Das Urteil des OLG Dresden begründet nun für den Planer eine neue Argumentation.

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