https://www.baunetz.de/recht/Modifizierung_des_urheberrechtlichen_aenderungsrechts_des_Bauherrn_gegenueber_Urheber_durch_Vertrag_moeglich__8125878.html


Modifizierung des urheberrechtlichen Änderungsrechts des Bauherrn gegenüber Urheber durch Vertrag möglich?

Eine Regelung, nach welcher der Bauherr gegenüber dem Urheber berechtigt ist, an der erstellten baulichen Anlage Änderungen und Ergänzungen „unter Wahrung der geistigen Eigenart“ vorzunehmen, die der Bauherr mit Rücksicht auf deren Verwendung für zweckmäßig hält, berechtigt den Bauherrn nicht zu einem gravierenden Eingriff in das Urheberrecht des Architekten.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Sind Vertragsbestimmungen als sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, so sind sie auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.

Ist der Bauherr Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, so ist deren Wirksamkeit allein zu seinen Lasten zu prüfen.
Beispiel
(nach Landgericht Köln , Urt. v. 20.10.2022 - 14 O 12/22)
Ein Architekt wird mit der Planung einer Moschee beauftragt. In dem zugrunde liegenden Vertrag ist u. a. formuliert:
 
Der Bauherr ist berechtigt, die Leistungen der Architekten zu den vereinbarten Zwecken zu verwenden und an den erstellten baulichen und sonstigen Anlagen Änderungen und Ergänzungen unter Wahrung der geistigen Eigenart vorzunehmen, die der Bauherr mit Rücksicht auf deren Verwendung für zweckmäßig hält.
 
Etwa 4 Jahre nach Fertigstellung und Eröffnung der Moschee beabsichtigt der Bauherr die Anbringung eines Vordachs. In diesem Bereich sollen Gemeindemitglieder Heißgetränke konsumieren und sonst verweilen können. Der Architekt sieht sein Urheberrecht verletzt und verlangt Beseitigung des Vordachs. Das Landgericht Köln kommt zu der Überzeugung, dass hier ein Eingriff in den urheberrechtsschutzfähigen, geistig-ästhetischen Gesamteindruck des vom Architekten geschaffenen Bauwerks vorliegt (vgl. hierzu Parallelbesprechung). Der Bauherr beruft sich nun zusätzlich auf die eingangs zitierte Regelung in dem abgeschlossenen Architektenvertrag.
 
Das Landgericht Köln entscheidet, dass die vorzitierten Regelungen hier zu keinem anderen Ergebnis führen: Es bleibe bei einem Anspruch des Architekten gegenüber der Bauherrin, dass Vordach wieder entfernen zu lassen. Auch die Klausel bestimme eine Wahrung der „geistigen Eigenart“ des urheberrechtsschutzfähigen Werkes. Durch die Anbringung des Vordachs sei aber ein Eingriff in die Integrität der geistigen Eigenart des Bauwerkes zu erkennen. Im Ergebnis könne die Klausel keine zweckmäßigen Änderungen oder Ergänzungen rechtfertigen, die über jene hinaus gingen, welche unter Berücksichtigung der gemäß der Rechtsprechung vorzunehmenden Interessenabwägung ohnehin zulässig seien.
 
Hinweis
Änderungen und Erweiterungen eines urheberrechtlich geschützten Bauwerks sind zulässig, wenn sie keine Entstellung des Bauwerks enthalten und dem Architekten nach Abwägung der Urheber- und Eigentümerinteressen zuzumuten sind (BGH, Urteil vom 31.05.1974). Eine jedenfalls erhebliche Ausdehnung des Änderungsrechtes des Bauherrn durch entsprechende Regelung in vom Bauherrn eingebrachten AGB-Klausel sind nicht möglich, solche Klauseln sind unwirksam (vgl. LG Hannover, Urteil vom 03.07.2007). Auch mit etwas unklaren Formulierungen, wie im vorliegenden Fall, ist dem Bauherrn in der Regel wohl nicht geholfen, da es dann – richtigerweise – bei der gesetzlichen bzw. durch die Rechtsprechung vorgegebenen Interessenabwägung bleibt.

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck