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Mitverschulden des AG bei Verstoß gegen Obliegenheit, sich selbst vor Schaden zu bewahren.

Den Bauherrn, der eine von den Anforderungen des Brandschutzes abweichende Bauausführung freigibt, obwohl die Zustimmung zur Abweichung vom Brandschutz noch nicht vorliegt, trifft ein erhebliches Mitverschulden.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.

Eine Einschränkung oder ein Ausschluß der Haftung kann sich ergeben aufgrund eines Mitverschuldens des Bauherrn.
Beispiel
(nach OLG Köln , Urt. v. 04.05.2016 - 16 U 129/15)
Ein Bauträger will abweichend von der Baugenehmigung in ein Bad in der EG-Wohnung ein bisher nicht vorgesehenes Fenster einbauen lassen, welches zur überdachten Tiefgaragenrampe ausgerichtet ist. Er beauftragt einen staatlich anerkannten Sachverständigen mit der Prüfung. Dieser stellt eine entsprechende Prüfbescheinigung aus. In der Prüfbescheinigung bestätigt der Sachverständige die Unbedenklichkeit und führt – allerdings an unrichtiger Stelle – aus, dass es im Hinblick auf das Badfenster einer Abweichungsentscheidung durch das Bauaufsichtsamt bedürfe. Der Hinweis wird übersehen, das Badezimmerfenster wird eingebaut. Da das Bauaufsichtsamt die Abweichung nicht erteilt, muss das Fenster rückgebaut werden, es entsteht ein Schaden. In dem entsprechenden Prozess stellt das Oberlandesgericht ein haftungsrechtliche Verantwortung des Sachverständigen fest (vgl. Parallelbesprechung). Nunmehr geht es um die Frage eines Mitverschuldens des Bauherrn.
 
Das Oberlandesgericht Köln nimmt ein Mitverschulden des Bauherrn von 50 % an. Es bezieht sich auf eine Entscheidung des BGH (Urteil vom 10.02.2011, vgl. auch BGH Urt. v. 20.06.2013), in welcher dieser klargestellt hat, dass ein Bauherr, der von einer ihm erteilten Baugenehmigung Gebrauch macht, obwohl im Umstände bekannt sind, aufgrund derer sich ihm die Fehlerhaftigkeit der Genehmigungsplanung aufdrängt, regelmäßig gegen die im eigenen Interesse bestehende Obliegenheit verstößt, sich selbst vor Schaden zu bewahren. Diese Erwägung gelte auch für den Bauträger. Der Bauträger hätte, selbst wenn er auf die Erteilung der Genehmigung vertraute, die Entscheidung des Bauaufsichtsamtes, welches die Abweichung vom Brandschutz genehmigen musste, abwarten müssen.
Hinweis
Tatsächlich hatte hier der Bauträger einen Architekten beauftragt, dem auch die Prüfbescheinigung des Sachverständigen übersandt worden war. Das Gericht sah in diesem Fall in dem Architekten einen Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB. Der Auftraggeber müsste sich die Mitverursachung eines Schadens durch den von ihm beauftragten Architekten auch gegenüber einem Fachplaner zurechnen lassen, wenn er sich des Architekten zur Erfüllung der ihn aus § 254 BGB im eigenen Interesse treffenden Obliegenheit zur Schadensminderung bedient hätte.
 

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck