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Mindestsatzforderung gegenüber öffentlicher Hand wegen Haushaltsvorbehalt wider Treu und Glauben?

Eine Stadt kann eine an sie gerichtete, das vereinbarte Honorar überschreitende Mindestsatzforderung nach Treu und Glauben nicht schon unter Berufung auf den Haushaltsvorbehalt abwehren.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze; in Einzelfällen kann allerdings auch eine Bindung des Architekten an eine unwirksame mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung in Betracht kommen.
Beispiel
(nach OLG Köln , Urt. v. 29.12.2016 - 16 U 49/12)
Ein Architekt klagt gegenüber einer Stadt für vertragsgemäß erbrachte Leistungen den Mindestsatz (welcher das Honorar nach der getroffenen Honorarvereinbarung erheblich überschreitet) ein. Die Stadt beruft sich auf eine Bindung des Architekten an die mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung nach Treu und Glauben. Das Oberlandesgericht Köln lässt das Argument der Stadt, der Architekt sei an die Mindestsatz unterschreitende Honorarvereinbarung gebunden, nicht bereits an den HOAI-Kenntnissen, die der Stadt zuzurechnen sind, scheitern (vgl. Parallelbesprechung).

Es sei aber nicht ersichtlich, dass die Stadt sich auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung in einer Weise eingerichtet habe, dass ihr nach Treu und Glauben die Zahlung des Differenzbetrages nicht zumutbar sei. Der von der Stadt vorgebrachte sogenannte Haushaltsvorbehalt (alle Maßnahmen der öffentlichen Hand stehen unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit von entsprechenden, im Haushaltsplan veranschlagten Haushaltsmitteln) rechtfertige eine Bindung an die mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung nicht. Der Haushaltsvorbehalt belege nicht, dass der Stadt die Zahlung des – aufgrund des zwingenden Preisrechtes tatsächlich geschuldeten – Betrages nicht zuzumuten sei.
Hinweis
Die Stadt trug weiter vor, sie hätte bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung das Bauvorhabens abgespeckt. Dieser Vortrag war dem OLG Köln zu pauschal. Die Stadt hätte konkret darlegen müssen, von welchen Maßnahmen sie mit welchen Auswirkungen auf das Honorar abgesehen hätte. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die Stadt insoweit überhaupt in der Lage gewesen wäre, Dispositionen zu treffen. Denn weder das vereinbarte Honorar noch das Mindestsatzhonorar ließen sich im Voraus verlässlich ermitteln (da die anrechenbaren Kosten nicht feststanden). Von einer bestimmten Honorarhöhe konnte die Stadt auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarung eben entsprechend schon gar nicht ausgehen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck