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Mehrvergütung wegen Bauzeitverlängerung auch ohne Vereinbarung einer bestimmten Bauzeit

Sieht ein Vertrag Ansprüche des Auftragnehmers wegen Bauzeitverlängerungen vor, muss zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer keine ausdrückliche und bestimmte Bauzeit vereinbart worden sein; es genügt, dass sich der für die planmäßige Durchführung des Bauvorhabens notwendige Zeitraum aus den Umständen, insbesondere einem Bauablaufplan, ergibt.


Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ein nach wie vor umstrittenes Thema ist die Berechtigung des Architekten, für Mehrleistungen Honorar zu verlangen.

Als Mehrleistung kommen auch Bauzeitverlängerungen in Betracht.
Beispiel
(nach OLG Naumburg , - Urteil vom 23.04.2015 – 1 U 94/14)
Im Zusammenhang mit der Sanierung des Hauptgebäudes einer Hochschule wird durch das betroffene Land ein TGA-Ingenieur beauftragt. In dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag heißt es unter anderem:

Verzögert sich die Bauzeit durch Umstände, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, wesentlich, so ist für die Mehraufwendungen eine zusätzliche Vergütung zu vereinbaren. Eine Überschreitung von bis zu 20 % der festgelegten Ausführungszeit, maximal jedoch 6 Monate, ist durch das Honorar abgegolten.

Das TGA-Ingenieurbüro macht wegen einer Bauzeitverlängerung gegenüber dem Land Mehrvergütung geltend. Da in dem Vertrag zwischen den Parteien selbst eine Bauzeit ausdrücklich nicht bestimmt ist, bezieht sich das Ingenieurbüro auf einen abgestimmtem Bauablaufsplan Index B, unter Berücksichtigung dessen sich die erhebliche Bauzeitüberschreitung ergebe.

Das zuständige Landgericht hatte die Klage des Ingenieurs unter anderem mit der Begründung abgewiesen, zwischen den Parteien sei keine bindende Bauzeit vereinbart. Das Oberlandesgericht stellt insoweit klar, dass es diesbezüglich der landgerichtlichen Auffassung nicht folgt. Es sei zwar richtig, dass zwischen den Parteien eine Vereinbarung zu einer bestimmten Bauzeit nicht getroffen wurde. Nach Ansicht des Oberlandesgerichtes komme es aber weniger darauf an, ob die Parteien einen festen Fertigstellungstermin vereinbart hätten. Vielmehr genüge die tatsächlich eingetretene Bauzeitverzögerung, soweit sie nicht auf die Auftragnehmerin zurückzuführen sei (anders OLG Dresden, Urteil vom 04.08.2005). Der Auftragnehmer könne bei seiner Kalkulation in der Regel von einer behinderungsfreien Leistungserbringung ausgehen.

Dass die Klausel selbst von einer „festgelegten Ausführungszeit“ spreche, stehe dem nicht entgegen. Eine Festlegung müsse nicht zwischen den Vertragsparteien erfolgen, sondern werde sich regelmäßig aus den Umständen des Vorhabens erschließen (so nunmehr auch OLG Dresden, Urteil vom 06.09.2018), wie beispielsweise aus einem aussagekräftigen Bauablaufplan. So enthalte hier nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien der Bauzeitenplan Index B die erste Fortschreibung, die dann auch den Baubeteiligten, einschließlich der Auftragnehmerin übergeben wurde. Die daraus hervorgehende Gesamtbauzeit entspreche der festgelegten Ausführungszeitpunkt.

Hinweis
Die Mehrvergütungsklage scheiterte dann allerdings doch: Schon das Landgericht hatte das Ingenieurbüro aufgefordert, konkreter zu den zu erstattenden Mehraufwendungen vorzutragen. Die zu erstattenden Mehraufwendungen seien solche Ausgaben, die der Auftragnehmer für die geschuldete Leistung hatte und die er ohne die Bauzeitverzögerung nicht hätte aufbringen müssen. Der Auftragnehmer müsse seinen Aufwand mit und ohne Bauzeitverzögerung gegenüberstellen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2006), da nicht anzunehmen sei, dass während der verlängerten Bauzeit nur Tätigkeiten anfallen, die nicht ohnehin notwendig geworden wären.

Eben die geforderten Darlegungen wurden aber offenbar durch das Ingenieurbüro nicht beigebracht.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck