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Mängelbeseitigungsaufforderung des Bauherrn bei im Bauwerk verkörpertem Mangel: Wie reagiere ich?
 

Aus gutem Grund fordern Bauherrn zunehmend Architekten auf, auch betreffend bereits im Bauwerk verkörperter Mängel architektonische Mängelbeseitigungsleistungen in Form von Sanierungsplanung/Vergabe/Überwachung der Sanierung zu erbringen; Planer sollten sich mit solchen Aufforderungen behutsam auseinandersetzen.
Hinweis
Das Gesetz sieht ein „Nachbesserungsrecht“ des Unternehmers oder Planers, der mangelhaft geleistet hat, vor, soweit eine solche Nachbesserung grundsätzlich noch möglich ist: Der Auftraggeber kann entsprechend einen Unternehmer/Planer nur auf Schadensersatz (z.B. für Kosten eines Dritten, der die Mängelbeseitigung durchgeführt hat) in Anspruch nehmen, wenn er dem Unternehmer/Planer vorher (von Ausnahmefällen abgesehen, vgl. §§ 280, 281 BGB) eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat und diese fruchtlos abgelaufen ist.

Für Planer galt dies ohne Weiteres, soweit sich ein Fehler in der Leistung des Planers noch nicht im Bauwerk realisiert bzw. verkörpert hatte (z. B. Planung einer Abdichtung gegenüber drückendem Wasser vor Errichtung des Gebäudes: OLG Hamm, Urteil vom 08.05.2008). Problematisch allerdings wird es, wenn sich ein Mangel der Planerleistung bereits im Bauwerk verkörpert hat (z.B. fehlende Isolierung des Kellermauerwerks nach Errichtung des Gebäudes: OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.08.2003): Eine Nachbesserung der Planerleistung würde natürlich nicht zu einem Entfall des bereits im Bauwerk verkörperten Mangels führen, weshalb grundsätzlich von einer Unmöglichkeit der Mängelbeseitigungsleistung des Planers ausgegangen wird; entsprechend hat der Auftraggeber dem Planer auch keine Nachfrist zur Mängelbeseitigungsleistung zu setzen, die Nachbesserung des Baumangels ist ohnehin nicht Leistung des Planers.

Nach wie vor nicht abschließend geklärt ist, wie mit solchen Planerleistungen umzugehen ist, die trotz eines im Bauwerk bereits verkörperten Mangels erforderlich werden, insbesondere typischerweise eine Sanierungsplanung, eine entsprechende Vergabe und schließlich Überwachung der Sanierungsleistungen. Obgleich solche Planerleistungen einen bereits im Bauwerk verkörperten Mangel nicht entfallen lassen, hat die Rechtsprechung Wege gesucht, um den Planer hier die Option einer „Mängelbeseitigung“ zuzugestehen. Die Rechtsprechung versuchte dem Planer zu helfen, indem entweder dem Bauherrn insoweit eine Schadensminderungspflicht oder Obliegenheit zugeordnet wurde (vgl. OLG München, Urteil vom 16.07.2014; OLG Dresden, Urteil vom 22.03.2012) oder indem in Abweichung von der herrschenden Ansicht einfach doch ein Mängelbeseitigungsrecht des Planers angenommen wurde (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 10.01.2012); kürzlich hat auch das OLG Hamm entsprechend entschieden (Urteil vom 28.01.2021).

Diese Option zur "Mängelbeseitigung" ist für die Planer auch deshalb von erheblicher Bedeutung, weil der BGH zum Haftpflichtversicherungsrecht der Architekten entschieden hatte, dass die Versicherer sogenannte Erfüllungsschäden nicht zu decken haben (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2008, vgl. hierzu auch den Beitrag Haftpflichtversicherungsschutz, hier unter Ziffer 1); d. h. gerade solche Kosten, die der Bauherr für einen Dritt-Planer ausgab (typischerweise auch Regiekosten genannt), und die eben Planerleistungen betrafen, welche der in Anspruch genommene Planer eigentlich auch hätte selbst erbringen können, müssen die Versicherer nicht decken, müssen also die auf Schadensersatz in Anspruch genommene Planer am Ende selber tragen. Soweit also ein Recht des Planers angenommen wird, bei im Bauwerk verkörperten Mängeln etwaig erforderliche Planerleistungen (Planung/Vergabe/Überwachung der Mängelbeseitigung) selber zu erbringen, könnte ein Auftraggeber vor entsprechender Fristsetzung gegenüber dem Planer keinen Dritt-Planer beauftragen und so auch keine zusätzliche Schadensposition herbeiführen.

Es ist zu erwarten, dass in Zukunft vor dem Hintergrund der genannten Rechtsprechung vermehrt Auftraggeber ihre Planer auch bei im Bauwerk bereits verkörperten Mängeln zu Mängelbeseitigungsleistungen im Sinne einer Sanierungsplanung, Vergabe oder Überwachung von Sanierungsleistungen unter Fristsetzung auffordern werden. Dies ist grundsätzlich für die entsprechenden Planer als positive Entwicklung zu sehen. Allerdings sollten Planer auch ein wenig aufpassen: Zwar gilt das Anerkennungsverbot im Haftpflichtversicherungsrecht grundsätzlich nicht mehr, ungeachtet dessen sind Planer jedoch angehalten, sehr vorsichtig mit unabgesprochenen Anerkenntnissen gegenüber Auftraggebern umzugehen. Entsprechend empfiehlt es sich erheblich, vor Zusage oder Erbringung von Mängelbeseitigungsleistungen - aber natürlich noch innerhalb einer vom Auftraggeber angemessen gesetzten Frist - im Einzelnen mit der eigenen Haftpflichtversicherung Rücksprache zu halten. Dies auch deshalb, damit die Planerleistung zur Sanierung (Planung, Vergabe, Überwachung) ihrerseits vom Haftpflichtversicherungsschutz gedeckt ist.

Andererseits durfte es natürlich nicht dazu kommen, dass aufgrund des Verhaltens der Versicherung das „Mängelbeseitigungsrecht“ verfristet oder anderweitig gefährdet wird. Sollte gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Versicherer aus sonstigen Gründen auf die Wahrnehmung des „Mängelbeseitigungsrechts“ verzichtet werden, so müsste der Versicherer nach diesseitiger Ansicht eindeutig zusagen, etwaige entstehende Drittplaner-Kosten (unter Verzicht auf die Einrede des Erfüllungsschadens) zu tragen.

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