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Leistungsphase 1 nicht übertragen: Mindestsatzunterschreitung?

Nach Ansicht des OLG Naunburg stellt die Übertragung von Architektenleistungen ohne die Leistungsphase 1 eine Mindestsatzunterschreitung dar, wenn die Leistungsphase 1 nicht von einem Dritten erbracht und das Planungsergebnis den Architekten zur Verfügung gestellt wurde; der Architekt kann die Leistungsphase entgegen auch ausdrücklicher Vereinbarungen abrechnen (s. aber unten unter HINWEIS a.E.)
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze.
Beispiel
(nach OLG Naunburg , Urt. v. 20.04.2005 - 6 U 93/04 -; ähnlich: OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.1999 – 22 U 248/98 –, Baurecht 2000, 916))
Einem Ingenieurbüro waren Tragwerksplanungsleistungen für ein Bauvorhaben übertragen worden, allerdings erst ab Leistungsphase 2. Nach Beendigung des Vertrages rechnen die Tragewerksplaner die Mindestsätze für die erbrachten Leistungen, dabei auch die Leistungsphase 1 ab. Der Bauherr beruft sich auf die ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Parteien, nach welcher die Leistungsphase 1 nicht übertragen wurde.

Während das Landgericht dem Argument des Bauherren noch folgte, bestätigte das OLG die Abrechnung der Tragwerksplaner. Die Erbringung der Leistungsphase 2 und 3 setze die Erbringung der Leistungsphase 1 voraus und umfasse diese. Entsprechendes – so das Gericht – habe der Sachverständige im Verfahren bestätigt. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Leistungsphase 1 von einem Dritten erbracht worden wäre und das Planungsergebnis hieraus den Tragwerksplanern zur Verfügung gestanden habe. Dies sei allerdings nicht vorgetragen noch ersichtlich. Der Bauherr könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Leistungsphase 1 nach dem ausdrücklichen Vertragswortlaut nicht beauftragt worden sei, denn insoweit handele es sich um eine nach § 4 Abs. 1, Abs. 2 HOAI unwirksame versteckte Mindestsatzunterschreitung.
Hinweis
Das ansich zu begrüßen gewesene Urteil ist durch den BGh aufgehoben worden(vgl. Honoraranspruch / Umfang gem. Honorarvereinbarung / Mindestsätze / Leistungsphase1 ). Allzu oft versuchen Bauherren (auch öffentliche Bauherren) – versteckte – Mindestsatzunterschreitungen dadurch zu erreichen, dass sie Grundleistungen oder Leistungsphasen, insbesondere die Leistungsphase 1, nicht übertragen, diese Leistungen aber auch nicht selbst oder durch Dritte erbringen lassen, sondern letztlich voraussetzen, dass die Architekten aufgrund der Beauftragung mit den übrigen Leistungen auch die nichtübertragenen Leistungen erbringen werden (vgl. zur ähnlichen Problematik bei Planungsänderungsleistungen unter Honoraranspruch / Umfang gem. HOAI / Planungsänderungen / Wiederholter Ansatz der Leistungsphase 1

Gleichwohl ist eindeutig festzuhalten, dass auf der Grundlage des vorgenannten Argumentes ein Honorar für die Leistungsphase 1 nur im Rahmen einer Mindestsatzberechnung verlangt werden kann, d. h. nur wenn die Honorarvereinbarung insgesamt zu einer Mindestsatzunterschreitung führt (so nochmals klargestellt durch BGH, Urteil vom 16.12.2004 – VII ZR 16/03 –, vergleiche auch unter Honoraranspruch/..../Bauteilzusammenfassung entgegen § 22)

Nachdem der BGH das Urteil aufgehoben hat, wird darauf zu achten sein, das auf eine ausdrückliche Vereinbarung bestanden wird oder jedenfalls nicht eine ausdrückliche Vereinbarung akzeptiert wird, der nach die Beauftragung der Lph 1 ausgeschlossen wird.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck