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Kündigungsempfehlung gegenüber Bauherren: Einem Architekten nicht erlaubt!

Erteilt ein mit den Leistungsphasen 5-7 beauftragter Architekt dem Bauherrn in einer unklaren Vertragssituation mit einem Bauunternehmer den Rat, ein konkretes Gestaltungsrecht (hier: Kündigung) auszuüben, handelt es sich dabei um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG, die nur in dem gesetzlich geregelten Umfang zulässig ist.
Hintergrund
Das Berufs- und Standesrecht befasst sich mit Vorschriften und Bedingungen, die den Rahmen für die Berufsausübung des Architekten bilden.

Nachdem Rechtsdienstleistungsgesetz sind Architekten Beratungen in Rechtsfragen nur in eingeschränktem Umfang erlaubt; eine darüber hinausgehende Tätigkeit stellt unerlaubte Rechtsberatung dar.
Beispiel
(nach OLG Koblenz , - 3 U 2182/19, Beschluss vom 07.05.2020)
Ein mit den Leistungsphasen 5 - 7 beauftragter Architekt wurde im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens für Wärmedämmverputz- und Betonsanierungsarbeiten für den Bauherrn tätig. Der Bauherr übersandte schließlich ein vom Architekten vorformuliertes Auftragsschreiben an den obsiegenden Bieter, die FMinus GmbH, und bat um Auftragsbestätigung. In der Folgezeit kam es zwar zu mehreren Gesprächen über Umfang und Zeitpunkt der Arbeiten, nicht aber zu einer förmlichen Bestätigung durch die FMinus GmbH. Daraufhin erteilte der Architekt dem Bauherrn den Rat, den Auftrag zu kündigen und formulierte ein Kündigungsschreiben für den Bauherrn vor. Mit diesem Schreiben kündigte der Bauherr den Auftrag gegenüber der FMinus GmbH.
 
In der Folge klagte die FMinus GmbH gegenüber dem Bauherrn eine Kündigungsvergütung (Auftragssumme abzüglich ersparter Aufwendungen) in Höhe von rund Euro 12.000,00 ein. Die FMinus GmbH behauptete hierzu, ihr sei im Rahmen der Gespräche ein mündlicher Auftrag erteilt worden. Die Kündigung stelle eine einfache Kündigung ohne wichtigen Grund dar, weshalb sie zur Geltendmachung einer Kündigungsvergütung berechtigt sei. In diesem Prozess verglich sich der Bauherr schließlich mit der FMinus GmbH auf einen Vergleichsbetrag in Höhe von Euro 5.200,00. Diesen Betrag zuzüglich Anwaltskosten macht der Bauherr nunmehr gegenüber seinem Architekten geltend.
 
Das Oberlandesgericht Koblenz gibt der Klage gegen den Architekten statt. Dabei stützt es den Anspruch des Bauherrn nicht im Wesentlichen auf eine vertragliche Pflichtverletzung des Architekten (die das Gericht allerdings auch als gegeben ansieht), sondern auf einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Bei dem Rat gegenüber dem Bauherrn, in einer unklaren Vertragssituation eine Kündigung auszusprechen, handele es sich um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG. Ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz liege entsprechend vor, wenn die Tätigkeit nicht als zulässige Nebentätigkeit des Architekten anzusehen sei. Hierzu meint das Oberlandesgericht Koblenz, dass selbst unter Zugrundelegung eines großzügigen Maßstabes die Grenzen einer erlaubten Nebenleistung spätestens dann verlassen sein, wenn der Architekt in Bezug auf die Geltendmachung konkreter Sekundärrechte (z.B. Kündigungen) im Außenverhältnis tätig werde. Hierbei handele es sich in der Regel um komplexe Rechtsdienstleistungen, die häufig ein erhebliches Risikopotenzial für den Auftraggeber enthielten und damit den Angehörigen der rechtsberatenden Berufen vorbehalten sein.
 
Hinweis
Das Urteil sollten Architekten als einen Erfolg ansehen. In der Praxis passiert es allzu häufig, dass Bauherrn von Architekten Rechtsdienstleistungen wünschen, die weit über dasjenige hinausgehen, was einem Architekten zumutbar ist. Mit dem vorliegenden Urteil können sich Architekten nunmehr gegenüber entsprechenden Forderungen von Bauherrn verwahren. Zu Recht verweist das Gericht darauf, dass Bauherrn und Architekten manchmal die Komplexität von Rechtsfragen unterschätzen (ungeachtet der Tatsache, dass auch einem Architekten vielleicht hätte auffallen können, dass ein nicht zustande gekommener Vertrag nicht gekündigt werden müsste).
 

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck