https://www.baunetz.de/recht/Kuendigung_vor_Beendigung_Grundlagenermittlung_Wie_sind_anrechenbare_Kosten_zu_ermitteln__5519359.html


Kündigung vor Beendigung Grundlagenermittlung: Wie sind anrechenbare Kosten zu ermitteln?

Wird ein Architektenvertrag bereits eine Woche nach Beauftragung und noch vor der Grundlagenermittlung gekündigt, können die anrechenbaren Kosten ausnahmsweise geschätzt werden.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI 2009 .

Im System der HOAI stellen die anrechenbaren Kosten eine der Grundlagen zur Berechnung der Honorars dar
Beispiel
(nach OLG München , Urt. v. 22.05.2018 - Beschluss vom 03.04.2018 und 22.05.2018)
Eine Architektin wird für ein Bauvorhaben „Einfamilienhaus/L/XY-Weg“ mit den Leistungsphasen 1-4 beauftragt. Zum Vertragsschluss wird seitens des Bauherrn eine Skizze des gewünschten Gebäudes vorgelegt. Bereits eine Woche nach Vertragsschluss kündigt der Bauherr. Die Architektin, die zu diesem Zeitpunkt die Grundlagenermittlung noch nicht durchgeführt hat, schätzt die anrechenbaren Kosten und erteilt ihre Honorarnote für die beauftragten, aber nicht erbrachten Leistungen (§ 649 BGB a.F.).

Das Landgericht Landshut lässt die Schätzung zu, das Oberlandesgericht München weist die hiergegen erhobene Berufung zurück. Abrechnungsgrundlage für Honorare aus allen Leistungsphasen sei ausschließlich die Kostenberechnung (HOAI 2009). Nur soweit diese nicht vorliegt, könne die Kostenschätzung zugrunde gelegt werden. Werde allerdings ein Architektenvertrag bereits eine Woche nach Beauftragung und noch vor der Grundlagenermittlung gekündigt, könnten die anrechenbaren Kosten ausnahmsweise geschätzt werden.


Hinweis
Die Architektin hatte die anrechenbaren Kosten auf über Euro 700.000,00 geschätzt. Dieser Einschätzung folgte das Landgericht (und auch das Oberlandesgericht) nicht. Vielmehr seien die anrechenbaren Kosten durch Schätzung der Baukosten für ein Bauobjekt zu ermitteln, welches nach durchgeführter Grundlagenermittlung realistischerweise realisiert worden wäre. Unter Berücksichtigung aller Umstände und auch der vorliegenden Skizze des Bauherrn sei von anrechenbaren Kosten von rund Euro 290.000,00 auszugehen.


Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck