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Kostenüberschreitungen ohne Kostenermittlungsfehler: Kann Haftpflichtversicherung Deckungsschutz verweigern?

Die Ausschlussklausel in Ziff. IV.2 der BBR-AB umfasst lediglich Schäden aus der Überschreitung von Kostenschätzungen, Kostenberechnungen oder Kostenanschlägen. Es reicht nicht aus, dass sich das Fehlverhalten des Architekten letztlich irgendwie wirtschaftlich zu Lasten geschädigter Dritter auswirkt.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungsverträge (AHB; BBR/Arch) sind Fälle bestimmt, in denen ein Versicherungsschutz ausgeschlossen ist.
Beispiel
(nach OLG Celle , Urt. v. 28.11.2002 - 8 U 76/02 -)
Ein Architekt war mit der Planung eines Mehrfamilienhauses betraut. Nach der Planung des Architekten sollte das Haus an einer Seite in Grenzbebauung errichtet werden, und zwar ohne eigene Giebelwand. Später stellte sich heraus, dass eine eigene Giebelwand von vornherein erforderlich gewesen war. Für seine Fehleinschätzung nahm der Bauherr den Architekten in Anspruch. Der Architekt seinerseits machte Deckung gegenüber seiner Haftpflichtversicherung geltend. Die Haftpflichtversicherung lehnte unter Berufung auf die Versicherungsbedingungen BBR-AB Ziff. IV.2. wegen Überschreitung von Kostenschätzungen, Kostenberechnungen oder Kostenanschlägen den Deckungsschutz ab.

Das OLG Celle gab dem Architekten recht. Die Haftpflichtversicherung sei nicht berechtigt, unter Berufung auf die Ausschlussklausel den Deckungsschutz zu verweigern. Für eine Anwendung dieser Ausschlussklausel reiche – auch unter Berücksichtigung der BGH-Rechtsprechung (Urteil des BGH vom 28.05.1986 – IV.a ZR 231/84 -, BauR 1986, 606) – nicht aus, dass sich das Fehlverhalten des Klägers letztlich „irgendwie wirtschaftlich“, d.h. auch kostenmäßig zu Lasten geschädigter Dritter auswirke. Ausgeschlossen seien eben nur Schäden aus Überschreitung von Kostenschätzungen, Kostenberechnungen oder Kostenanschlägen, wobei es hier zu derartigen Kostenschätzungen, Kostenberechnungen oder Kostenanschlägen überhaupt noch nicht gekommen sei. Vielmehr habe sich der vom Bauherr geltend gemachte Schaden allein daraus entwickelt, dass der Architekt fehlerhafter Weise das Erfordernis der Errichtung einer zusätzlichen Giebelmauer verkannt habe.
Hinweis
Der BGH hatte in seiner oben zitierten Entscheidung tatsächlich eine weite Auslegung der Ausschlussklausel vorgenommen. Die Auslegung des BGH in seinem damaligen Urteil muss wohl so verstanden werden, dass er eine Anwendung der Ausschlussklausel jedenfalls dann für gerechtfertigt hält, wenn sich auch sonstige Fehler des Architekten jedenfalls irgendwie und irgendwann in den Kostenermittlungen auswirken. Das OLG Celle hat nunmehr eindeutig anders entschieden, und nach diesseitiger Ansicht richtig.

Soweit der Architekt – wie er eigentlich verpflichtet ist – während des Bauvorhabens Kostenermittlungen erstellt, wird und würde sich jeder Schaden, gleichviel aus welchem Grunde, in einer Überschreitung einer der Kostenermittlungen auswirken, womit die Ausschlussklausel mehr oder weniger allumfassend wäre. Dies kann nicht Sinn der Klausel sein. Sollte es aber doch Sinn der Klausel sein, wäre diese voraussichtlich nach den §§ 305 ff. unwirksam.

Bis es nicht eine neue Entscheidung des BGH (des 7. Zivilsenates) gibt, wird die Frage der Anwendbarkeit der Klausel letztlich nicht eindeutig beantwortet werden können. Architekten sollten wissen, dass Haftpflichtversicherungen heutzutage gegen Prämienerhöhungen auf die Ausschlussklausel verzichten. Jedenfalls hierüber einmal nachzudenken, sollte sich lohnen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck