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Keine Planung für Baugrube und Sicherung von Versorgungsleitungen: Architekt haftet

Erstreckt sich der Arbeitsraum und die Böschung einer Baugrube in den Bereich einer Straße, gehört es zu den Pflichten des planenden Architekten, die auszuschachtende Baugrube mit einer fachgerechten Böschung zu planen und Erkundigungen darüber einzuholen, ob Versorgungsleitungen in dem betroffenen Straßenbereich liegen und wie diese gegebenenfalls zu sichern sind.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 1 - 5 führen Planungsfehler zu einer Haftung des Architekten.

Im Rahmen der Lph 5 ist zur Vermeidung einer Haftung vor allem auf eine vollständige Ausführungsplanung zu achten.
Beispiel
(nach OLG Hamm , Urt. v. 01.07.2004 - 21 U 22/04 – )
Für ein Bauvorhaben wird die Inanspruchnahme eines Teils der Straße für die Baugrube erforderlich. Der Architekt erhält auf Antrag die Genehmigung für die Inanspruchnahme eines 2 Meter tiefen Straßenabschnitts. Im Rahmen der Ausschachtung führt diese Begrenzung auf 2 Meter – um einen ausreichend breiten Arbeitsraum auf der Sohle der Baugrube zu erhalten – zu einen Böschungswinkel von etwa 65°. Nach den (späteren) Feststellungen eines Sachverständigen wäre aufgrund der örtlichen Bodenverhältnisse allerdings ein Böschungswinkel von nur 45° fachgerecht gewesen. Zudem unterlies es der Architekt, sich über etwaig vorhandene Versorgungsleitungen zu erkundigen und solche zu sichern. Im Laufe der Bauausführung kommt es zu einem teilweise Abrutschen der Böschung. Hierdurch wird eine Versorgungsleitung freigelegt, die schließlich aufgrund von Druckschwankungen sowie möglicherweise weiteren abrutschenden Bodenmassen bricht.

Im Rahmen des Werklohnprozesses des Bauunternehmers gegenüber dem Bauherrn rechnet der Bauherr mit ihm entstandenen Schäden auf. Der Bauunternehmer hält dem Bauherrn ein ihm anzurechnendes Mitverschulden des Architekten entgegen. Das Gericht bejaht ein Verschulden sowohl des Architekten als auch des Bauunternehmers. Der Architekt habe eine ordentliche Baugrubenplanung mit richtigem Böschungswinkel erstellen und darüber hinaus die Lage von etwaigen Versorgungsleitungen feststellen müssen. Der Bauunternehmer wiederum habe die fehlerhafte Planung des Architekten erkennen und – nachdem sich der Architekt insoweit angemeldeten Bedenken verschloss – seine Bedenken gegenüber dem Bauherrn äußern müssen. Der Haftungsanteil des Architekten und des Bauunternehmers betrage jeweils 50 %. Den Haftungsanteil des Architekten müsse sich der Bauherr anrechnen lassen.
Hinweis
Wann kann sich ein Bauunternehmer mit seinen Bedenken berechtigerweise an den Architekten – und nicht an den Bauherrn – wenden? Dies hängt grundsätzlich von der Frage ab, ob dem Architekten Vollmacht für die Entgegennahme von Willenerklärung erteilt wurde. Allerdings wird angenommen, dass der Architekt in einigen Bereichen aufgrund bereits seiner Beauftragung eine sogenannte originäre Vollmacht erhält (man könnte dies auch mit einer konkludent erteilten Vollmacht begründen).

Einer dieser Bereiche, wo auf eine ausdrückliche Vollmacht verzichtet wird, ist das Bedenkenanmelden von Bauunternehmern; insoweit wird grundsätzlich vertreten, dass Bauunternehmer Architekten, denen die Objektleitung übertragen wurde, Bedenken mit Wirkung gegenüber dem Bauherrn anmelden können. Keine Wirkung gegenüber dem Bauherrn soll allerdings die Bedenkenanmeldung gegenüber dem Architekten entfalten, wenn der Architekt sich – weil er beispielsweise selber involviert ist – gegenüber der Bedenkenanmeldung verschließt (vgl. hierzu unter originäre Vollmacht ).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck