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Keine Einigung über Baukostenobergrenze – kein Vertrag zustandegekommen

Soll nach Vorgaben des Bauherrn eine Beschaffenheitsvereinbarung über eine Baukostenobergrenze im Vertrag geschlossen werden, so kommt ein Vertrag nicht zustande, wenn die Parteien sich im Hinblick auf die Kostenobergrenze nicht einigen können.


Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Fraglich ist zunächst, ob ein Vertrag tatsächlich zwischen Architekt und Bauherr zustande gekommen ist.

Bestimmte grundsätzliche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit von einem Zustandekommen eines Vertrages ausgegangen werden kann.
Beispiel
(nach OLG Frankfurt a. M. , Urt. v. 17.04.2018 - 5 U 32/17; BGH, Beschluss vom 23 den 1. 2019 – VII ZR 99/18 – NZB zurückgewiesen)
Ein Architekt macht nach Abbruch einer Zusammenarbeit mit dem Bauherrn Honorar für nicht erbrachte Leistungen geltend; er trägt hierzu vor, vom Bauherrn mündlich umfangreich beauftragt worden zu sein, die beauftragten Leistungen habe er  – infolge einer Beendigung der Zusammenarbeit durch den Bauherrn – nicht mehr erbringen können. Der Bauherr bestreitet das Zustandekommen eines entsprechenden Vertrages. Er begründet seine Ansicht damit, dass es bis zum Abbruch der Zusammenarbeit keine Einigung der Parteien über ein wesentliches Projektziel des Bauvorhabens gegeben habe; eine Kostenvorgabe von 18,6 Millionen Euro für die Gesamtkosten der Kostengruppe 300 und 400 sei sein erklärtes Projektziel gewesen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt weist die Klage des Architekten zurück. Die Parteien hätten weder mündlich noch konkludent einen Vertrag geschlossen. Unter Berücksichtigung der aus der gesamten Korrespondenz hervorgehenden Vorgabe des Bauherrn zu einer Baukostenobergrenze habe die Festlegung der Kostenobergrenze zu denjenigen wesentlichen Punkten gehört, zu denen eine Einigung zwischen den Parteien hätte erzielt werden müssen, um einen wirksamen Vertrag abschließen zu können. Der Architekt habe auch gewusst, dass es sich bei der Kostenobergrenze um eine Zielvorgabe gehandelt habe, von der der Bauherr abzuweichen nicht bereit war.
Hinweis
Im Hinblick auf das Zustandekommen eines Vertrages kann allgemein festgehalten werden:
  • Die Parteien müssen sich über wesentliche Gesichtspunkte des Auftrages einigen, in der Regel jedenfalls über das zu bebauenden Grundstück und die im einzelnen zu erbringenden Leistungen (vergleiche hierzu auch BGH, Urteil vom 23.04.2015); eine Einigung über das Honorar ist aufgrund der Vorschrift des § 632 Abs. 2 BGB grundsätzlich entbehrlich);
  • Haben die Parteien sich noch nicht über sämtliche offenen Punkte einer Zusammenarbeit geeinigt, kann ein Architektenvertrag gleichwohl zustande kommen, wenn die Parteien im beiderseitigen Einvernehmen mit der Durchführung des unvollständigen Vertrages begonnen haben (und die offenen Punkte nicht im Sinne des vorangegangenen Spiegelstrichen wesentlich waren) (vergleiche OLG Dresden, Urteil vom 20.11.2017);
  • Es steht der Annahme eines einvernehmlichen Beginns der Durchführung des Vertrages nicht ohne weiteres entgegen, dass die Parteien trotz entsprechender Verhandlungen nicht zum Abschluss eines schriftlichen Architektenvertrages gekommen sind (vergleiche OLG Naumburg, Urteil vom 10.02.2012);
  • Ob im Einzelfall die Parteien im beiderseitigen Einvernehmen und unter Verzicht auf offene Punkte mit einer Durchführung des unvollständigen Vertrages begonnen haben, ist Frage der Auslegung des Einzelfalles; im oben besprochenen Fall des OLG Frankfurt geht dieses offenbar davon aus, dass der Bauherr hier nicht auf die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze hatte verzichten wollen.


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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck