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Kann die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze auch konkludent zustande kommen?

Nach Ansicht des OLG Frankfurt liegt eine konkludent vereinbarte Kostenobergrenze vor, wenn der Architekt die Kostenermittlungen an die Finanzierungsvorgaben des Bauherrn anpasst und der Bauherr ihn erst aufgrund einer diesen finanziellen Vorgaben entsprechenden Kostenschätzung beauftragt.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Ein Sonderbereich der Architektenhaftung stellt die Haftung für Bausummenüberschreitungen dar.

Steht eine Haftung des Architekten wegen Bausummenüberschreitung dem Grunde nach fest, so bereitet die Feststellung des Schadens oft Probleme.

Beispiel
(nach OLG Frankfurt , Urt. v. 14.12.2006 - 16 U 43/06)
Ein Bauherr verhandelt mit einem Architekten über die Beauftragung von Architektenleistungen für den Umbau und die Erweiterung eines gastronomischen Betriebes. Vor Vertragsschluss legt der Architekt bereits Planungsvorschläge und Kostenschätzungen vor. Der Bauherr teilt dem Architekten auf mehrere Planungsvorschläge mit entsprechenden Kostenschätzungen mit, dass die Kosten ihm zu hoch seien. Bei einer Besprechung beziffert der Architekt die Investitionskosten ohne Grundstück, Zimmereinrichtung und Voreröffnungskosten auf € 761.000,00. Der Bauherr teilt mit, dass dieses Volumen für ihn nicht finanzierbar sei. Der Architekt legt in der Folge eine nochmals geänderte Planung mit geschätzten Kosten von € 664.000,00 netto vor. Erst aufgrund dieser Kostenschätzung wird der Architekt durch den Bauherrn mit der Durchführung des Projektes beauftragt. Nach Durchführung stellen sich Kosten von € 862.175,00 heraus. Der Bauherr klagt rund € 170.000,00 als Schadensersatz ein. Im Prozess streiten die Parteien um die Frage, ob und inwieweit dem Architekten eine Toleranzgrenze zu gewähren ist.
 
Das OLG Frankfurt gibt der Klage (teilweise) statt. Es folgt der Argumentation des Bauherrn, dass eine Kostenobergrenze jedenfalls in Höhe von € 761.000,00 zwischen den Parteien – konkludent – vereinbart worden sei. Die konkludente Vereinbarung ergebe sich aus den vorvertraglichen Verhandlungen der Parteien, in welchen der Bauherr immer wieder auf seine finanziellen Möglichkeiten hingewiesen habe. Bei der Kostenschätzung des Beklagten von € 761.000,00 habe der Bauherr seinerzeit mitgeteilt, dass dies für ihn nur "schwer hinnehmbar sei". Daher sei (zu Gunsten des Architekten) jedenfalls dort eine konkludent vereinbarte Kostenobergrenze anzunehmen.
 
Die Tatsache, dass zwischen den Parteien ein schriftlicher Vertrag - ohne Kostenobergrenze - geschlossen worden sei, hindere die Annahme einer konkludenten mündlichen Vereinbarung einer Kostenobergrenze nicht. Dass die Parteien ausgehend von der letzten Kostenschätzung des Architekten von € 664.000,00 dem Architekten einen größeren Toleranzrahmen als die etwa 15 % bis zu den € 761.000,00 gewähren wollten, sei nicht ersichtlich.
 
Das Gericht stellt weiter fest, dass der Architekt auch im weiteren Verlauf des Bauvorhabens den Bauherrn kaum und nur unzureichend über die Entwicklungen der Kosten aufgeklärt habe. In dem Augenblick, als dem Bauherrn erstmals die Baukostenüberschreitung aufgrund entsprechender Hinweise des Architekten auffallen musste, sei es für erhebliche Einsparungen zu spät gewesen. Unabwägbarkeiten, wie z. B. eine schlechtere Bausubstanz als ursprünglich angenommen, seien bereits in der Toleranz von 15 % zwischen den € 664.000,00 und den € 761.000,00 enthalten.

Hinweis
Die Vereinbarung von Baukostenobergrenzen ist für Planer problematisch. Ihnen gehen dadurch die sonst üblichen Toleranzen für die Kostenermittlungen verloren. Damit rückt eine Haftung erheblich näher. Das Urteil des OLG Frankfurt – welches zumindest nicht völlig falsch ist – zeigt, dass der Toleranzrahmen aufgrund einer angenommenen konkludenten Vereinbarung einer Kostenobergrenze selbst dann entfallen kann, wenn hierzu nichts Schriftliches im Architektenvertrag steht.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck