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Kann der HOAI-kundige Generalplaner auf eine den Mindestsatz unterschreitende Honorarvereinbarung mit einem Subplaner vertrauen?

Der HOAI-kundige Generalplaner ist nicht in jedem Fall mit dem Einwand ausgeschlossen, dass er auf eine den Mindestsatz unterschreitende Vereinbarung mit seinem Subplaner vertraut habe.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 27.10.2011 - VII ZR 163/10)
Ein Generalplaner und ein Tragwerksplaner unterhalten seit mehreren Jahren Geschäftsbeziehungen. Im Rahmen dieser Geschäftsbeziehungen kam es zu Pauschalhonorarvereinbarungen, die regelmäßig unterhalb der Mindestsätze lagen. Die Parteien waren in der Weise mehr als 15 Mal verfahren. Im Rahmen eines weiteren Auftrages meinte der Tragwerksplaner von der bei Auftragserteilung geschlossenen Pauschalvereinbarung, die wiederum die Mindestsätze unterschritten hatte, abweichen und den Mindestsatz fordern zu dürfen. Der Generalplaner berief sich auf die ständige Geschäftsbeziehung als Ausnahmetatbestand für die Unterschreitung der Mindestsätze. Der Ansicht folgte im Wesentlichen das Oberlandesgericht (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 21.09.2010 – 10 U 50/10 ) Der Bundesgerichtshof hält dagegen allein den Umstand, dass der Tragwerksplaner über Jahre eine Vielzahl von Aufträgen unterhalb der Mindestsätze mit dem Generalplaner abgewickelt habe, nicht für ausreichend, um einen Ausnahmetatbestand für die Unterschreitung der Mindestsätze anzunehmen. Der Bundesgerichtshof meint aber, dass gegebenenfalls zu berücksichtigen sei, dass sich der Generalplaner ungeachtet des Fehlens eines Ausnahmetatbestandes im Sinne der HOAI (§ 4 Abs. 2 HOAI a. F.) nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gegen das Verlangen des Tragwerksplaners wenden könne. Der Generalplaner müsse dafür auf die Wirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarung vertraut haben und vertraut haben dürfen. Er müsse sich auf die Vereinbarung in der Weise eingerichtet haben, dass ihm die Mehrzahlung nach Mindestsätzen nicht zugemutet werden könne. Dabei könne der Generalplaner auch dann Vertrauen entwickeln, wenn ihm die HOAI bekannt ist. Es könne genügen, dass der Generalplaner in vertretbarer Weise Voraussetzungen für gegeben hält, die eine Mindestsatzunterschreitung ausschließen. Es könne insoweit auch zu berücksichtigen sein, dass der Tragwerksplaner durch sein bisheriges Verhalten das Vertrauen des Generalplaners gestärkt habe.
Hinweis
Der Bundesgerichtshof lässt eine schematische Rechtfertigung der Mindestsatzunterschreitung allein durch ständige Geschäftsbeziehungen nicht gelten. Er verweist den Fall an das Oberlandesgericht zurück. In dem Zusammenhang gibt er dem Oberlandesgericht die weiteren Hinweise mit auf den Weg. Letztendlich wird dadurch in gewisser Weise auch rechtsunsicher wieder die Hintertür für die ständigen Geschäftsbeziehungen geöffnet. Der Bundesgerichtshof scheint dem Generalplaner auch einen gewissen Beurteilungsspielraum für die von der HOAI nicht näher beschriebenen Ausnahmetatbestände zur Unterschreitung von Mindestsätzen zu gewähren und dem Generalplaner letztendlich einen gewissen Irrtum zuzubilligen. Es wird sich dann gegebenenfalls die Frage stellen, wie lange ein Generalplaner irrtümlich annehmen darf bzw. darauf vertrauen darf, dass ständige Geschäftsbeziehungen eine Mindestsatzunterschreitung legitimieren könnten. Letztendlich mag die Ansicht des Bundesgerichtshofes aber zum richtigen Ergebnis führen und den Schwerpunkt auf eine Einzelfallbetrachtung legen.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck