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Ist die Honorarzone bei europaweiter Vergabe von Architektenleistungen von dem öffentlichen Auftraggeber verbindlich vorzugeben?

Aufgrund von Vergleichbarkeitserwägungen und dem zwingenden Preischarakter der HOAI wird überwiegend gefordert, dass die Honorarzone von dem Auftraggeber in der öffentlichen Vergabe verbindlich vorzugeben ist. Das kann mit Blick auf Planer mit Sitz in anderen Mitgliedsstaaten der Union unwirksam sein.

Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Die Honorarberechnung richtet sich nach den Vorschriften der HOAI, wenn diese im Hinblick auf die erbrachten Leistungen anwendbar ist.

Hierbei ist zu unterscheiden zwischen dem sachlichen, dem persönlichen und dem örtlichen Anwendungsbreich der HOAI.

Beispiel
(nach OLG Koblenz , Urt. v. 29.01.2014 - 1 VerG 14/13)
Der öffentliche Auftraggeber schreibt Architektenleistungen im Zusammenhang mit dem Neubau und Umbau eines Krankenhauses europaweit aus. Das Honorar bildete mit einer Gewichtung von 25 % ein Zuschlagskriterium für die Vergabe an die zur Verhandlung aufgeforderten, verbliebenen Bieter.

 

In dem den Bietern vorgelegten Architektenvertragsentwurf ist von dem Auftraggeber die Honorarzone III Mittelsatz eingetragen. Der Auftraggeber begründet das damit, dass dies das angemessene Honorar sei. Ein Bieter mit Sitz in der EU aber außerhalb der Bundesrepublik bewirbt sich mit einer anderen Honorarzone und einem anderen Honorarsatz. Der Bieter wird von der Vergabe ausgeschlossen. Das Gericht entscheidet, dass die Wertung, insbesondere der Preisangebote, aus verschiedenen Gründen von der Vergabestelle zu wiederholen sei. Formal stelle die Vorgabe in dem Vertragsentwurf nur eine vorläufige Ansicht der Vergabestelle dar und sei daher keine fixe Vorgabe, die zwingend einzuhalten wäre. Es gäbe im Vergaberecht der VOF auch keinen Grundsatz, der Änderungen an den Vergabeunterlagen (wie in der VOB/A) zwingend verbieten würde. Außerdem teilt das Gericht nicht die Ansicht, dass eine Verpflichtung des Auftraggebers aus § 6 VOF oder aus allgemeinen Grundsätzen des Vergaberechts bestünde, die anzuwendende Honorarzone verbindlich vorzugeben. Das Gericht neige dazu, in einer verbindlich formulierten Vorgabe der Honorarzone – hier noch mit einer weitergehenden Festlegung, die den Architekten sogar den ihnen von der HOAI zugestandenen Spielraum für ein Preiswettbewerb nimmt (Honorarsatz) – einen Vergaberechtsverstoß zu sehen. Die Vorgabe einer Honorarzone sei bei einer unionsweiten Ausschreibung problematisch, weil § 1 HOAI deren Anwendungsbereich auf Planer mit Sitz im Inland beschränkt und zudem noch voraussetzt, dass die Leistung auch vom Inland aus erbracht wird. Einem öffentlichen Auftraggeber dürfte es nach Ansicht des Gerichts verwehrt sein, durch einseitige Erklärung einen Interessenten aus einem anderen Mitgliedsstaat der Union einem Preisrecht zu unterwerfen, das für diesen nicht gilt.

Hinweis
Der Fall als solcher ist nicht wenig kompliziert, zumal der Bieter eine höhere Honorarzone angegeben hatte. Es war aber nicht ausgeschlossen, dass er gegebenenfalls gleichwohl im Rahmen einer erneuten Wertung den Zuschlag erteilt bekommen könnte. Das hing vor allem auch an den weiteren Punkten – unter anderem dem Umfang der zu erbringenden Leistungen und auch der Möglichkeit der von dem Gericht in Erwägung gezogenen Verhandlung des Preises und des weiteren Auftragsumfangs, der sich den anrechenbaren Kosten folgend am Rande der sachlichen Anwendung der HOAI bewegte. Wenn diese Rechtsprechung Bestand hat, dann fällt der bisher wohl vorherrschende Grundsatz, dass die Honorarparameter soweit sie nach HOAI zwingend sind, in der europaweiten Vergabe nicht vorgegeben werden dürfen. Bietern ist anzuraten, diese Thematik im Vorfeld der Bewerbung mindestens vor Angebotsabgabe anzusprechen und gegebenenfalls auf dieses Urteil zu verweisen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck