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Innerhalb welcher Frist muss nach Kenntnis eines wichtigen Grundes gekündigt werden?

Erlangt eine Vertragspartei Kenntnis von einem wichtigen Grund zur Kündigung, so muss sie in der Regel innerhalb angemessener Frist nach Kenntniserlangung kündigen; nach Ansicht des OLG Stuttgart sind bei einem komplexen Bauvorhaben fünf Wochen noch akzeptabel.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Eine vorzeitige Vertragsbeendigung hat erhebliche Auswirkungen auf die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.

Der Auftraggeber kann den Architektenvertrag sowohl aus wichtigem Grund als auch ohne einen wichtigen Grund, d.h. jederzeit, kündigen.
Beispiel
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 28.11.2017 - 10 U 68/17)
Ein Architekt wird mit der Planung eines Wohngebäudes beauftragt. Der Bauherr gibt dem Architekten für die Planung eine Baukostenobergrenze vor. Im Laufe der Planung legt der Architekt eine Kostenermittlung vor, die die Baukostenobergrenze nicht einhält. Der Bauherr setzt dem Architekten am 16.11.2013 eine Frist bis zum 26.11.2013 unter Androhung der Kündigung aus wichtigem Grund, ihm eine Planung vorzulegen, die die Baukostenobergrenze einhält. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wartet der Bauherr weitere knapp fünf Wochen, dann spricht er die Kündigung aus wichtigem Grund gegenüber dem Architekten aus.
 
Das OLG Stuttgart sieht die Kündigung des Bauherrn aus wichtigem Grund als berechtigt und wirksam an. Es wendet auf den Vertrag aus dem Jahre 2013 § 314 BGB (entsprechend) an. Richtigerweise habe der Bauherr hier, weil der wichtige Grund vorliegend in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag bestanden habe, vor Kündigung dem Architekten eine Frist zu Abhilfe mit Kündigungsandrohung gesetzt, § 314 Abs. 2 BGB. § 314 Abs. 3 BGB bestimme, dass der Kündigungsberechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen kann, nachdem er vom wichtigem Grund zur Kündigung Kenntnis erlangt hat. Dass der Bauherr hier nach dem Ablauf der Frist am 26.11.2013 bis zur Kündigung vom 30.12.2013 knapp fünf Wochen abgewartet habe, sei angesichts der Komplexität der Planung des Hausbaus akzeptabel; dies gelte umso mehr, als die Planung bereits fortgeschritten war und insbesondere eine Baugenehmigung vorgelegen habe.
Hinweis
Urteile, wie das Vorliegende, werden in Zukunft zunehmende Wichtigkeit erlangen. Nach der Bauvertragsnovelle 2018 mit Wirksamkeit für alle Verträge, die ab dem 01.01.2018 geschlossen wurden, wird die Kündigung aus wichtigem Grund nunmehr ausdrücklich für den Werkvertrag, und damit auch geltend für den Architektenvertrag (§ 650 q Abs. 1 BGB), in § 648a BGB geregelt. Sowohl das Erfordernis der Fristsetzung als auch das Erfordernis der Kündigung innerhalb angemessener Frist nach Kenntniserlangung des wichtigen Grundes sind in § 648 a BGB übernommen worden.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck