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Innenarchitekt muss im Zweifel über seine beschränkte Bauvorlageberechtigung aufklären!

Ein nur beschränkt bauvorlageberechtigter Innenarchitekt hat seinen Auftraggeber über Zweifel an seiner Befugnis, für das konkrete Bauvorhaben eine Baugenehmigung zu erwirken, ungefragt aufzuklären.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Beispielsweise kann den Architekten eine Haftung schon aufgrund der Verletzung vorvertraglicher Pflichten treffen.

Ein Planer hat im Rahmen seiner vorvertraglichen Pflichten grundsätzlich vor Vertragsschluß über eine fehlende Eintragung in die Architektenliste aufzuklären.
Beispiel
(nach OLG Koblenz, Urteil vom 25.02.2021 , - 6 U 1906/19; BGH, Beschluss vom 18.1.2023 – VII ZR 199/21 – NZB zurückgewiesen)
Eine WEG bewohnt ein denkmalgeschütztes Gebäude. Die WEG beauftragt 2010 einen Innenarchitekten mit den Leistungsphasen 5-8 für den Abriss und den Neuaufbau des Dachgeschosses (für den Ausbau des Dachgeschosses lagen zu diesem Zeitpunkt zwei Baugenehmigungen aus den Jahren 2002 und 2006, die ein Miteigentümer beantragt hatte, vor). Mitte Oktober 2010 wird mit dem Abriss begonnen, drei Wochen später legt die Bauaufsichtsbehörde das Bauvorhaben still. Nach fehlgeschlagenen Versuchen des Innenarchitekten, eine Genehmigung für den geplanten Abriss und Neuaufbau zu erwirken, kündigt die WEG dem Innenarchitekten außerordentlich.

Das OLG Koblenz bestätigt einen wichtigen Grund der WEG für die außerordentliche Kündigung des Innenarchitekten. Der Planer sei als Innenarchitekt gemäß § 64 Abs. 2 Nr. 3 LBauO Rheinland-Pfalz nur eingeschränkt bauvorlageberechtigt im Hinblick auf die mit der Berufsaufgabe eines Innenarchitekten verbundenen baulichen Änderung von Gebäuden. Umfasst von dieser Bauvorlageberechtigung könnten angesehen werden Ausbaumaßnahmen, die das Äußere eines Gebäudes in gewissem Umfange verändern, wie etwa Dachgeschossausbauten mit Anbringung von Dachgauben (entsprechend der aus den Jahren 2002 2006 vorliegenden Baugenehmigungen). Der vollständige Abriss nebst Neuerrichtung eines Daches, wie er im Oktober 2010 unter der Bauaufsicht des Innenarchitekten begonnen worden sei, werde nach Ansicht des Oberlandesgerichtes durch die Bauvorlageberechtigung nicht mehr gedeckt. Jedenfalls aber bestünden hier an der objektiven Berechtigung des Planers Zweifel, über die der Innenarchitekt den Auftraggeber ungefragt aufzuklären gehabt hätte.
Hinweis
Es ist anerkannt, dass ein Nicht-Architekt über seine fehlende Eintragung in die Architektenliste und damit über die fehlende Bauvorlageberechtigung aufzuklären hat (OLG Stuttgart, Urteil vom 17.12.1996). Nichts anderes als diesen Grundsatz hat das Gericht hier auf die eingeschränkte Bauvorlageberechtigung eines Innenarchitekten angewandt.