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Honorarvereinbarung „bei Auftragserteilung“, wenn Bauherr Vertragsschluss verzögert


Ein Bauherr kann sich nicht auf die Formunwirksamkeit einer Honorarvereinbarung berufen, weil der Vertrag nicht schriftlich „bei Auftragserteilung“ geschlossen worden sei, wenn er selber die Unterzeichnung des Vertrages hinausgezögert, gleichzeitig aber den Architekten zur Fortsetzung der Planungsarbeiten angehalten hat.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Im Geltungsbereich des § 4 HOAI ist für die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung erforderlich, daß diese schriftlich bei Auftragserteilung vorgenommen wurde.


Beispiel
(nach OLG Dresden , Urt. v. 11.05.2017 - 10 U 818/15; BGH, Beschluss vom 18.09.2019 – VII ZR 127/17 – NZB zurückgewiesen)
Ein Architekt wurde, nachdem für die Leistungsphasen 1 und 2 zunächst ein anderes Architektenbüro tätig gewesen war, mit Leistungsphasen 3 bis 9 für das Projekt behindertengerechter Um- und Ausbau des B. in R. auf der Basis der vorliegenden Planung beauftragt. Die Beauftragung erfolgte zunächst mündlich wohl im Februar 2004. Am 03.03.2004 bittet der Architekt den Auftraggeber um eine schriftliche Vertragsbestätigung. Diese wird vom Bauherrn zunächst unter Hinweis auf Änderungswünsche abgelehnt. Auf der Grundlage der geäußerten Änderungswünsche und eines persönlichen Gespräches übersendet der Architekt dem Bauherrn am 02.04.2004 einen „HOAI-Vertrag für Gebäude“, mit dessen Konditionen der Bauherr sich „grundsätzlich einverstanden“ erklärt.
 
Sein grundsätzliches Einverständnis nahm der Bauherr sodann zum Anlass, den Architekten zu bitten, „die Arbeiten nun – ab sofort – zügig voranzutreiben“. Allerdings wendet sich im Anschluss der Bauherr – schon damals anwaltlich beraten – erst mit Schreiben vom 17.06.2004 erneut an den Architekten und fordert weitere Änderungen. Nach Vorlage von drei weiteren Vertragsentwürfen kommt es schließlich am 20.09.2004 zur Endfassung des Vertrages, welcher von beiden Parteien unterschrieben wird. Später macht der Architekt Honorar gegenüber dem Bauherrn klageweise geltend. Der Bauherr wendet sich unter anderem gegen die Abrechnung einer Nebenkostenpauschale mit dem Argument, diese sei nicht schriftlich bei Auftragserteilung gemäß § 7 Abs. 3 HOAI 1996 abgeschlossen worden, entsprechend der Architekt nur nach Einzelnachweisen abrechnen könne.

Das Oberlandesgericht Dresden gesteht dem Architekten die Abrechnung der Nebenkostenpauschale zu und folgt entsprechend nicht der Argumentation des Bauherrn. Ein Bauherr könne sich nicht darauf berufen, dass der schriftliche Architektenvertrag nicht „bei Auftragserteilung“ geschlossen worden sei, wenn er den Architekten einerseits – unter Androhung haftungsrechtlicher Konsequenzen – zur Fortsetzung der Planungsarbeiten angehalten habe, andererseits aber die Unterzeichnung des Vertrages ohne ersichtliche Gründe hinausgezögert habe. Dies stelle ein in sich widersprüchliches und damit rechtsmissbräuchliches Verhalten dar, § 242 BGB.
Hinweis
In heutigen Honorarprozessen wenden sich Bauherren häufig gegen die Abrechnung eines Viertel-/Halb-/oder Dreiviertelsatzes (oder eben auch gegen die Abrechnung einer Nebenkostenpauschale) mit dem Argument, eine den Formvorschriften der HOAI entsprechende wirksame Honorarvereinbarung sei nicht zustandegekommen, weil Schriftform „bei Auftragserteilung“ nicht vorliege. Sie verweisen hierzu darauf, dass – wie in der Praxis überwiegend – der Architekt mit seinen Leistungen bereits begonnen hatte, bevor ein etwaiger schriftlicher Vertrag zustande kam. Um dem Bauherrn hier die Argumentation nicht allzu einfach zu machen, hatte bereits der BGH in seinem Urteil vom 16.12.2004 darauf hingewiesen, eine formwirksame Honorarvereinbarung (Schriftform bei Auftragserteilung) sei auch dann anzunehmen, wenn der Architekt lediglich aus Beschleunigungsinteresse bereits vor Unterzeichnung des beabsichtigten schriftlichen Vertrages mit Arbeiten begonnen habe. (vgl. ähnlich Landgericht Köln, Urteil vom 18.02.2011).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck