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Honorar für nicht erbrachte Leistungen: Personalkosten als ersparte Aufwendungen ?

Im Rahmen der Abrechnung nicht erbrachter Leistungen nach vorzeitiger Vertragsbeendigung gehören Personalkosten grundsätzlich nur dann zu den ersparten Aufwendungen, wenn sie in Folge der Kündigung nicht mehr aufgewendet werden müssen; der Architekt muss sein Personal nicht schon deshalb reduzieren, weil der Bauherr den Vertrag gem. § 649 I BGB gekündigt hat. Ersparte Kosten freier Mitarbeiter oder Subunternehmer muss der Architekt konkret vertragsbezogen ermitteln.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.


Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Besonderheiten ergeben sich, wenn es zu einer vorzeitigen Vertragsbeendigung kommt.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 28.10.1999 - VII ZR 326/98 -, BauR 2000, 430)
Nach vorzeitiger Vertragsbeendigung rechnet der Architekt Honorar für nicht erbrachte Leistungen ab. Er macht hierzu verschiedene (unten im einzelnen dargelegte) Angaben.

Im Rahmen der HOnorarklage des Architekten führt der BGH zunächst allgemein zu den Anforderungen an eine Abrechnung nicht erbrachter Leistungen aus: Verlange der Architekt Honorar für nicht erbrachte Leistungen, so müsse er seinen Anspruch aus § 649 S.2 BGB prüffähig abrechnen. Hierzu habe u.a. darzulegen und zu beziffern, welche ersparten Aufwendungen er sich anrechnen lasse. Erspart seien nach der Rechtsprechung diejenigen Aufwendungen, die der Unternehmer ohne die Kündigung gehabt hätte und die in Folge der Kündigung entfallen sind. Eine Ersparnis komme vor allem bei projektbezogenen Herstellungskosten und den variablen, projektbezogenen Gemeinkosten in Betracht; Gewinn und allgemeine Geschäftskosten, die nicht projektbezogen anfallen, seien auch nicht erspart.

Im Hinblick auf Personalkosten könne sich die Ersparnis daraus ergeben, dass Personalkosten entfielen, die der Architekt für das Projekt gehabt hätte, wenn der Auftrag nicht gekündigt worden wäre. Grundsätzlich liege eine Ersparniss allerdings nur dann vor, wenn die Personalkosten in Folge der Kündigung nicht mehr anfielen, z. B. weil das Personal in Folge der Kündigung nicht mehr eingestellt werden müsse oder bei dem Architekten nicht mehr beschäftigt werde. Eine Verpflichtung des Architekten, sein Personal nur deshalb zu reduzieren, weil der Bauherr den Vertrag gem. § 649 I BGB gekündigt habe, sei allerdings nicht anzunehmen. Der Architekt müsse daher nicht seinen gesamten Personalbestand mit Beschreibung von Funktionen und Vergütung vor und nach der Kündigung darlegen und vortragen, weshalb er von einer Kündigung des Personalbestandes Abstand genommen habe. Habe der Architekt Personalkosten erspart, so müssten dies vertragsbezogen abgerechnet werden.

Der Architekt hatte vorliegend zunächst ausgeführt, dass er einen Teil der noch zu erbringenden Leistungen von Subunternehmern hatte erbringen lassen wollen. Der insoweit ersparte Vergütungsanteil betrage 14,2 %. Dieser Prozentsatz ergebe sich aus dem Anteil der vergleichbaren Subunternehmerleistungen für die bereits bis zur Kündigung erbrachten Leistungen an dem dafür verdienten Honorar. Die nicht erbrachten Leistungen wären von den selben Architekten- und Ingenieurbüros zu vergleichbaren Konditionen erbracht worden. Der BGH ist der Ansicht, die vorstehend vom Architekten vorgenommene Abrechnung für ersparte Personalkosten sei nicht prüffähig. Der Architekt habe die Ersparnis für nicht erbrachte Leistungen aus der möglichen Ersparnis für die erbrachten Leistungen hergeleitet. Dies sei keine vertragsbezogene Abrechnung der ersparten Aufwendungen. Es lasse keine Überprüfung zu, inwieweit tatsächlich eine Ersparnis bei den nicht erbrachten Leistungen vorlag.

In einer zweiten Rechnung legt der Architekt eine Berechnungsalternative nach den Vorschlägen von Eich/Eich (DAB 1996, 2064 ff.) vor; hierin berechnet er die ersparten Personalaufwendungen u. a. durch Ermittlung eines fiktiven Stundenlohnmittelsatzes aus den vergangenen 3 Jahren unter Berücksichtigung durchschnittlicher Gemeinkosten und kalkuliertem Gewinn. Nach Ansicht des BGH führe auch die vom Architekten vorgenommene zweite Berechnung der ersparten Personalkosten nicht zur Prüffähigkeit der Schlussrechnung. Denn die für das Projekt anzusetzenden und ersparten Leistungsstunden würde nicht konkret, sondern fiktiv ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Umstände des Vertrages ermittelt. Der Architekt sei vielmehr gehalten, die tatsächlich ersparten Stunden und deren Kosten zu ermitteln. Inwieweit eine derartige Abrechnung nach Leistungsphasen aufgegliedert werden müsse, hänge vom Einzelfall ab. Entscheidend ist ihre Nachprüfbarkeit, wobei sich eine Aufgliederung nach Leistungsphasen durchaus anbietet, jedoch nicht stets zwingend erforderlich ist.

Der Architekt hatte weiter vorgetragen, er habe im Hinblick auf das Honorar für die örtliche Bauüberwachung gem. § 57 HOAI eine Ersparnis von 2/3 des Gesamthonorars gehabt, da er insoweit freischaffende eingesetzt hätte. Der BGH führt hierzu aus, dass diese Angaben keine Prüfung zuließen, welche tatsächliche Ersparnis vorläge. Der Architekt müsse die Kosten abziehen, die er dadurch eingespart habe, dass der geplante Subunternehmereinsatz nicht mehr stattfand. Er habe deshalb den Umfang des geplanten Subunternehmereinsatz näher zu beschreiben und die dafür konkret anfallenden Löhne benennen müssen. Ein abstrakter Anteil an dem nach der HOAI zu vergütenden Honorar entspreche nicht der tatsächlichen Ersparnis, die sich nach dem konkret beabsichtigten Subunternehmereinsatz richte.
Hinweis
Nachdem der BGH die geläufigen Klauseln in AGB´s, die dem Architekten eine pauschalierte Abrechnung nicht erbrachter Leistungen (60:40) ermöglichten, für unwirksam erklärt hat (vgl. 60:40-Klausel), ist es und wird es immer regelmäßiger Aufgabe des Architekten sein, substantiierte und detaillierte Angaben zu ersparten Aufwendungen und anderweitigem Erwerb zu machen. Der BGH hat in dem oben besprochenen Urteil klargestellt, dass insbesondere bei der Berechnung ersparter Personalaufwendungen abstrakte Berechnungsmethoden (z. B. Stundenlohnmittelsätze) nicht zulässig sind, vielmehr sind die ersparten Personalkosten an Hand des konkreten Vertrages und seiner beabsichtigten Durchführung zu ermitteln. Ist deshalb eine projektbezogene Kalkulation nicht schon vor Projektbeginn vorgenommen worden, so muss sie ggf. nachgeholt werden.

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