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Haftungsrisiken des Planers im Kostenbereich

Das Thema Kosten Bau beschäftigt schon seit Jahren die Gerichte. Die Sensibilität der Bauherrn im Hinblick auf die Kosten hat in den letzten Jahrzehnten noch einmal erheblich zugenommen. Obgleich die Rechtsprechung zum Thema Kosten weit gestreut und nicht völlig einheitlich ist, gibt es doch gewisse heraus gearbeitete Grundsätze, die den Planer streng in die Pflicht nehmen. Um entsprechend Haftungsrisiken zu vermeiden, sollten Planer sich der großen Relevanz des Themas Kosten am Bau heute besonders bewusst sein (für den Umfang der Darstellung des leider sehr komplexen Themas wird um Verständnis gebeten).

Hintergrund
Dem Planer obliegen aus seinem Vertrag mit dem Bauherrn Pflichten zur Kostenberatung, Kostenermittlung und Kostenkontrolle. Eine Verletzung solcher Pflichten berechtigt den Bauherrn unter weiteren Voraussetzungen zur Kündigung und Schadensersatz. Dies kann insbesondere gelten, wenn die tatsächlichen Baukosten die Prognosen des Planers in seinen Kostenermittlungen überschreiten; noch nicht jede Überschreitung führt allerdings zu einer Pflichtverletzung, da dem Architekten grundsätzlich Toleranzen wegen unvorhersehbarer Unabwägbarkeiten zugestanden werden können.
 
Überschreiten die vom Planer prognostizierten Kosten eine von den Parteien vereinbarte verbindliche Kostenobergrenze, so entfallen allerdings in der Regel die dem Architekten sonst zu zubilligenden Toleranzen.
 
Überschreiten die von dem Planer prognostizierten Kosten eine zwischen den Parteien vereinbarte Kostengarantie, so hat der Planer grundsätzlich in voller Höhe der Überschreitung zu haften. Im einzelnen:
 
Für die Haftung des Planers sind somit drei verschiedene Ausgangssituationen zu unterscheiden:
 
-        es bestehen keine besonderen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien betreffend der Kosten (s.u. I.)
-        die Parteien haben eine verbindliche Kostenobergrenze vereinbart (II.)
-        die Parteien haben eine Kostengarantie vereinbart (III.).
 
Schließlich sind etwaige Konsequenzen auf das Honorar des Planers zu beachten (IV.).
 
Kommt es zu einer Haftung des Planers auf Schadensersatz, so wird der Planer häufig seine Haftpflichtversicherung nicht in Anspruch nehmen können; im Kostenbereich können die Versicherungen unter Berufung auf entsprechende Ausschlussklauseln (vgl. Haftung / Haftpflichtversicherungsschutz / ggständl. Beschränkungen: Auschlüsse) den Deckungsschutz verweigern.


Beispiel
 
Hinweis
I.    Haftungssituation des Planers bei fehlenden vertraglichen Vereinbarungen zu den Baukosten
 
Für eine Haftung des Planers im weiterem Sinne für Baukostenüberschreitungen bedarf es grundsätzlich zunächst einer Pflichtverletzung (1.). Liegt eine Pflichtverletzung vor, so stellt sich die Frage, ob der Bauherr dem Planer eine Gelegenheit zur Nachbesserung gewähren muss (2.). Ist eine Pflichtverletzung anzunehmen und scheitert die Haftung des Planers auch nicht an der fehlenden Gelegenheit zur Nachbesserung, so können hieraus verschiedene Rechte für den Bauherrn resultieren, insbesondere Kündigung des Vertrages und/oder Schadensersatz bzw. Honorarminderung (3.).
 
1.         Pflichtverletzung
 
Das Erfordernis einer Pflichtverletzung steht am Anfang einer jeglichen Haftung des Planers für Bausummenüberschreitungen. Unter anderem hatte die Rechtsprechung folgende Pflichten des Planers herausgearbeitet:
 
-        der Planer darf gemessen an der vertraglichen Vereinbarung keinen übermäßigen Aufwand treiben (vgl. OLG Dresden, Urt. v. 12.05.199); er schuldet eine Optimierung der Nutzbarkeit eines Gebäudes, z. B. hinsichtlich des Verhältnisses von Nutzflächen/Verkehrsflächen (BGH, Urt. v. 22.01.1998), er muss bei entsprechenden Vorhaben die Rentabilität des Objektes beachten (BGH, Urt. v. 12.06.1975); der Planer schuldet allerdings nicht die objektiv beste oder kostengünstigste Lösung; etwas anderes kann gelten, wenn Kernbereiche der Planung betroffen sind (OLG München, Urt. v. 08.06.2004).
 -        der Planer ist verpflichtet, frühzeitig den wirtschaftlichem Rahmen mit dem Bauherrn abzustimmen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.02.1997 )
-        der Planer ist verpflichtet, den Bauherrn regelmäßig, insbesondere im Rahmen der Kostenermittlungen, über die Kosten des Bauvorhabens zu informieren (BGH, Urteil vom 11.11.2004  sowie OLG Braunschweig, Urteil vom 07.02.2002 )
-        die von den Planern erteilten Kosteninformationen, insbesondere seine Kostenermittlungen dürfen keine "Ermittlungsfehler" (z.B. falsche Kubatur, vergessene Mehrwertsteuer) aufweisen
-        die vom Architekten erstellten Kostenermittlungen müssen die Baukosten unter Berücksichtigung des ihm zum Zeitpunkt der Erstellung der Kostenermittlungen möglichen Kenntnisstandes (OLG Braunschweig , Urteil vom 07.02.2002) und unter Berücksichtigung von zu gewährenden Toleranzen (siehe hierzu unten) richtig sein
-        unter gegebenen Umständen hat der Planer auf die Unsicherheit der von ihm vorgenommenen Kostenermittlungen hinzuweisen (OLG München, Urteil vom 26.04.2006  und BGH, Urteil vom 11.11.2004   und BGH, Urteil vom 11.11.2004)
-        bei das Bauvorhaben verteuernden Wünschen des Bauherrn hat der Planer den Bauherrn auf die Kostensteigerung jedenfalls dann hinzuweisen, wenn er nicht sicher davon ausgehen darf, dass dem Bauherrn die Kostensteigerungen selbst bekannt sind (OLG Köln, Urteil vom 27.01.1993 ).
-        der Planer hat Vorgaben des Bauherrn zu den Baukosten auch dann zu beachten, wenn diese durch den Bauherrn erst im Laufe des Planungsprozesses geäußert werden (BGH, Urteil vom 22.01.1998 )
-        der Planer ist – und zwar auch dann, wenn keine Pflichtverletzung vorliegt – grundsätzlich zur (dann grds. honorarfähigen) Umplanung verpflichtet ist, wenn der Bauherr eine entsprechende Reduzierung der Baukasten vorgibt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 02.07.2004 ); anderes dürfte allerhöchstens in Sonderfällen gelten.
 
Einer der Hauptfälle der Pflichtverletzung ist derjenige der unrichtigen Kostenermittlung. Hier dürfen dem Architekten zunächst keine offensichtlichen "Ermittlungsfehler" unterlaufen (s.o. OLG Köln, Urteil vom 25.02.1994), anderenfalls liegt ohne weiteres (und ohne Toleranzrahmen!) eine Pflichtverletzung vor. Ist die Kostenermittlung des Planers "ermittlungsfehlerfrei", so führt eine Überschreitung der durch den Planer prognostizierten Kosten noch nicht ohne weiteres zu einer Pflichtverletzung (beachte: Anderes kann gelten bei vertraglichen Vereinbarungen der Parteien zu den Baukosten, siehe hierzu unter II. und III.).
 
Zunächst sind natürlich Baukosten verteuernde Änderungswünsche des Bauherrn bei der Ermittlung der eigentlichen Kostenüberschreitung abzuziehen, es sei denn, der Planer hat insoweit seine Hinweispflicht verletzt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 27.01.1993 ). Des weiteren ist für die Frage der Pflichtverletzung nicht ein Vergleich der tatsächlichen Baukosten (abzgl. Verteuerungswünsche) mit den prognostizierten Baukosten vorzunehmen, vielmehr bedarf es eines Vergleiches der tatsächlich prognostizierten Kosten mit denen, die zum Zeitpunkt der Kostenermittlung objektiv hätten prognostiziert werden können (OLG Frankfurt, Urteil vom 14.12.2006 ).
 
In diesem Rahmen sind dem Planer Toleranzen zu gewähren für unvorhersehbare Kostensteigerungen (BGH, Urteil vom 23.01.1997 ). Welche genaue Toleranz gewährt werden kann, muss für jeden Einzelfall entschieden werden; generell nimmt die Toleranz mit laufendem Baufortschritt ab (BGH, Urteil vom 23.01.1997). Bei einer Altbausanierung soll nach Ansicht des OLG Dresden selbst bei einer Überschreitung der prognostizierten Baukosten um 31 % noch keine Pflichtverletzung vorliegen (OLG Dresden, Urteil vom 16.04.2003 ). Nach Ansicht des OLG Köln begründet eine Überschreitung der in einer Kostenschätzung prognostizierten Baukosten um mehr als 1/3 eine Pflichtverletzung (OLG Köln, Urteil vom 12.01.2007 ). Das OLG Köln hat weiter darauf hingewiesen, dass der Toleranzrahmen auch zwischen den Parteien einvernehmlich begrenzt werden kann (OLG Köln, Urteil vom 01.12.2007 ). Nach Ansicht des OLG Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 29.03.1990 ) ist eine Kostenerhöhung, die sich aus einer vom Architekten nicht zu vertretenden Bauzeitüberschreitung ergibt, nicht in den Toleranzrahmen einzurechnen.
 
Zu beachten ist, dass den Planer aber im Einzelfall eine Pflicht treffen kann, den Bauherrn auf die Ungenauigkeit seiner Kostenermittlungen, insbesondere einer Kostenschätzung, möglicherweise vor allem beim Bauen im Bestand, hinzuweisen (OLG München, Urteil vom 26.04.2006). Eine Pflicht zum Hinweis auf die Ungenauigkeit kann den Planer auch treffen, wenn der Bauherr seine Kostenermittlungen bekanntermaßen für Investitionsentscheidungen nutzen will (BGH, Urteil vom 11.11.2004).
 
Soweit ersichtlich noch nicht vollständig geklärt sind die Pflichten des Planers bei erst nach Vertragsschluss erfolgten Kostenvorgaben (soweit im Vertrag eine Kostenvorgabe enthalten ist, kann eine vereinbarte Kostenobergrenze vorliegen, s.u. II.). Hier wird für jeden Einzelfall zu ermitteln sein, ob und inwieweit eine Kostenvorgabe durch den Bauherrn mit mehr oder weniger großen Toleranzen gewährt werden sollte. Je nach Umständen wird man wohl auch von einer Pflicht des Planers ausgehen müssen, (spätestens jetzt) die genauen Kostenvorstellungen des Bauherren zu klären (s.o. bei Pflichtverletzungen zu den Pflichten des Planers zu selbständiger Abfrage des Budgets beim Bauherrn).
Teilt der Bauherr eine absolute obere Grenze der Baukosten mit, erscheint es angebracht, dass der Planer seine Planung bzw. das Bauprogramm dann in Absprache mit dem Bauherrn derart einrichtet, dass zur oberen Grenze hinreichende Toleranzen bestehen bleiben. Der Planer sollte dann weiter den Bauherrn darüber aufklären, dass dieses Vorgehen u.U. dazu führen kann, dass eben die obere Grenze auch nicht ausgeschöpft wird und der Bauherr einen etwas niedrigeren Standard erhält, als er bei Ausschöpfung aller Mittel hätte erhalten können. Der Planer kann nach Ansicht des Unterzeichners nicht zu einer „Punktlandung“ verpflichtet sein.
 
2.         Nachbesserungsrecht des Planers 
 
In der Regel gewährt das Recht dem Planer die Gelegenheit, einen Mangel der Leistungen nachzubessern bzw. einen Fehler zu beheben. Voraussetzung ist natürlich, dass der Fehler behebbar ist. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass Fehler des Architekten in der Regel nicht mehr behebbar sind, soweit sie sich im Bauwerk manifestiert haben. Im Hinblick auf Kostenüberschreitungen dürfte die Sache noch etwas schwieriger sein. Soweit die Kosten schon ausgegeben bzw. die Bauunternehmer schon beauftragt sind, wird in der Regel eine Kostenminderung kaum oder nur noch in geringen Umfang möglich sein. Aber selbst in noch früheren Baustadien kann die Entwicklung im Einzelfall schon soweit vorangeschritten sein, dass dem Bauherrn jedenfalls eine komplette Umplanung kaum mehr zumutbar ist. Hier wird in jedem Einzelfall zu entscheiden sein. Wird dem Bauherrn die Kostenüberschreitung schon in einem relativ frühen Planungsstadium bekannt, so wird er nach diesseitiger Ansicht allerdings dem Planer in der Regel Gelegenheit zur kostenmindernden Umplanung geben müssen (welche dann als Mängelbeseitigungsmaßnahme natürlich kostenlos zu erfolgen hat).
 
Besondere Umstände können über die genannten Fälle hinaus zu einem Entfall des Rechtes des Planers auf Nachbesserung führen. Zu nennen ist hier insbesondere auch ein erheblicher und berechtigter Vertauensverlust des Bauherrn.
 
Hat aber der Bauherr dem Architekten das Recht auf Nachbesserung unberechtigterweise entzogen, so entfallen die Rechte des Bauherrn auf Kündigung, Schadensersatz und Honorarminderung (OLG Köln, Urteil vom 04.09.2001).
 
3.         Kündigung/kausaler Schaden
 
Liegt eine Pflichtverletzung des Planers (s.o. 1.) vor und wurde dem Architekten nicht unberechtigterweise sein Recht auf Nachbesserung entzogen, so stehen dem Bauherrn – wenn eine etwaige Nachbesserung kein Erfolg erbracht hat – i.d.R. verschiedene Rechte zu.
 
Zunächst einmal wird der Bauherr grds. den Planervertrag aus wichtigem Grund kündigen können. Kündigt der Bauherr aus wichtigem Grund, so ist er in der Regel berechtigt, Schäden, die ihm aus dem abgebrochenen Bauvorhaben entstanden sind (z.B. Baugenehmigungskosten, Fachplanerkosten, Vermesserkosten etc.) gegenüber dem Architekten geltend zu machen. Gleichzeitig wird der Bauherr oftmals zu einer Honorarminderung (s. allg. unter IV. unten) gegebenenfalls auch auf Null berechtigt sein, wenn die Planung des Architekten für ihn nicht mehr verwertbar ist (BGH, Urteil vom 16.12.1993).
 
Für vor allem folgende übliche Konstellationen einer Kostenüberschreitung
-        falsche Kostenermittlung
o      bekannt geworden, gekündigt (a)
o      nicht bekannt geworden, entsprechend nicht gekündigt (b)
o      bekannt geworden, gleichwohl nicht gekündigt (c)
-        keine Kostenermittlung, Bausummenüberschreitung nicht bekannt geworden, entsprechend nicht gekündigt (d)
ist weiter zu differenzieren:
 
a)
Besteht die Pflichtverletzung des Planers in einer falschen Kostenermittlung, wird diese dem Bauherrn während des Bauvorhabens bekannt und kündigt der Bauherr (nach fruchtloser Gewährung einer Nachbesserung) so dann, so stehen dem Bauherrn Rechte auf Schadensersatz und ggf. Honorarminderung in oben genanntem Umfang zu.
 
b)
Wird dem Bauherrn erst nach mehr oder weniger abgeschlossener Fertigstellung des Bauvorhabens die Kostenüberschreitung bekannt, so dass eine Kündigung ohnehin sinnlos ist, so ist er grundsätzlich berechtigt, Ersatz der ihm aufgrund der Pflichtverletzung kausal entstandenen Schäden zu verlangen. Bauherrn machen in der Regel einfach die angefallenen "Mehrkosten" geltend. Problematisch ist jedoch, ob solche Mehrkosten tatsächlich einen infolge der Pflichtverletzung des Architekten kausal entstandenen Schaden darstellen, denn nur einen solchen kann der Bauherr geltend machen.
 
Nach der Rechtsprechung hat der Bauherr sich Vorteile, die ihm durch die Pflichtverletzung entstanden sind, anrechnen zu lassen (OLG Hamm, Urteil vom 22.04.1993  und OLG Köln, Urteil vom 25.02.1994). Hintergrund ist, dass der Bauherr nach seiner "Schädigung" nicht besser dastehen soll, als er vorher dastand. Da höhere Baukosten häufig auch zu einer Wertmehrung beim Bauherrn führen, muss er sich nach der Rechtsprechung diesen Vorteil in der Regel anrechnen lassen. Auch auf Schäden, die dem Bauherrn über die reinen Mehrbaukosten hinaus entstanden sind (OLG Köln, Urteil vom 25.02.1994), ist der Vorteilsausgleich anwendbar (z.B. Mehrfinanzierungskosten, im einzelnen streitig). Auch Steuervorteile muss sich der Bauherr anrechnen lassen.
 
Weist der Bauherr aber nach, dass die ihm aufgrund des Bauvorhabens zugewachsenen Werte nicht die Höhe der Baukosten erreichen, so kann er die Baukosten, soweit sie über die ihn zugewachsenen Werte hinausgehen, grundsätzlich als Schaden geltend machen (OLG Frankfurt, Urteil vom 14.12.2006). Noch nicht vollständig geklärt ist allerdings, wie der Bauherr einen entsprechenden Nachweis zu führen hat. Nach der Rechtsprechung ist bei eigengenutzten Bauwerken grds. der Sachwert als Verkehrswert anzusetzen, bei vermieteten Immobilien der Ertragswert (OLG Stuttgart, Urteil vom 19.10.1999). Ein etwaig niedriger Verkaufspreis soll i.d.R. jdf. dann keine Rolle spielen, wenn das Bauwerk infolge der vielleicht extra ordinären Wünsche des Bauherrn am Markt schwer veräußerbar ist (vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 19.10.1999). Unentschieden sind die Gericht bisher offenbar, ob und inwieweit der Bauherr einen Schaden aus einem Notverkauf (Baukosten ./. Erlös) geltend machen kann; hier wird sicherlich nur für jeden Einzelfall eine Entscheidung möglich sein, wobei i.d.R. zu prüfen wäre, ob nicht alternativ eine Nachfinanzierung zu keinem oder einem geringeren Schaden führen würde.
 
c)
Nach diesseitiger Ansicht noch nicht ganz geklärt sind die Konstellationen, in denen der Bauherr zwar bereits während des Bauvorhabens von der Baukostenüberschreitung erfährt, dann aber nicht aus wichtigem Grunde kündigt, sondern das Bauvorhaben weiterführt. Die Aussichten, dass der Bauherr in einer solchen Konstellation aus einer sich schließlich bestätigenden Kostenüberschreitung Ansprüche auf Ersatz kausal durch die Pflichtverletzung verursachter Schäden geltend machen kann, wird jedenfalls umso geringer sein, je früher die Pflichtverletzung und Baukostenüberschreitung dem Bauherrn bekannt war. Dies schon deshalb, weil der Bauherr – siehe oben – ja dem Planer grundsätzlich ein Recht auf Nachbesserung zugestehen muss. Fordert der Bauherr den Architekten überhaupt nicht zur "Nachbesserung" auf, sondern führt das Bauvorhaben in Kenntnis der hohen Baukosten weiter, so entfallen Schadensersatzansprüche nicht nur wegen Entzug des Nachbesserungsrechtes des Planers, sondern auch, weil ein kausal verursachter Schaden nicht mehr ersichtlich ist (vgl. OLG Celle, Urteil vom 28.09.2006  und OLG Stuttgart, Urteil vom 09.10.1999).
 
Wie steht es aber um die Rechte des Bauherrn, wenn die Kostenüberschreitung zwar schon während des Bauvorhabens bekannt wird, aber aus irgendwelchen Gründen nicht mehr ohne weiteres behebbar ist. Kündigt der Bauherr hier aus wichtigem Grund (was ihm grundsätzlich möglich sein wird, siehe oben), so kann er seinen entstandenen Schäden ohne weiteres geltend machen. Fraglich ist, ob ihm auch dann noch Schadensersatzansprüche zustehen, wenn er das Bauvorhaben fortführt und sich die Kostenüberschreitungen schließlich bestätigen. Hier ist fraglich, ob der Planer dem Bauherrn entgegenhalten kann, er habe ja sozusagen die Kostenüberschreitung billigend in Kauf genommen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 28.09.2006 und OLG Stuttgart, Urteil vom 09.10.1999).
 
Letztlich wird dies wohl für jeden Einzelfall zu entscheiden sein. Ist die Baukostenüberschreitung bereits in Leistungsphase 2 oder 3 bekannt (aus besonderen Gründen aber nicht vollständig behebbar, weil beispielsweise dann die Identität des Bauvorhabens nicht mehr verwirklicht werden kann), so würde ein weiterführendes Vorhaben möglicherweise einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Planer entfallen lassen. Die Weiterführung des Bauvorhabens wird jedoch mit fortschreitendem Bauablauf für den Bauherrn immer zwingender. So hat der BGH bereits entschieden, dass allein die Tatsache, dass der Bauherr in Kenntnis von Kostensteigerungen die Bauunternehmer beauftragt, nicht ohne weiteres seine Schadensersatzansprüche entfallen lasse (BGH, Urteil vom 11.11.2004).
 
Letztlich sind dies wohl auch Fragen einer Schadensminderungspflicht des Bauherrn. Führt der Abbruch des Bauvorhabens zu deutlich geringeren Schäden, als die Weiterführung, und konnte der Bauherr dies auch erkennen, so wird ihm die Weiterführung in der Regel im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht entgegengehalten werden können (übrigens wohl auch andersherum).
 
d)
Schließlich ist die Konstellation – keine Kostenermittlung, Bausummenüberschreitung nicht bekannt geworden, entsprechend nicht gekündigt – zu betrachten.
 
Festzustellen ist hier zunächst, dass auch die unterlassene Kosteninformation des Bauherrn eine Pflichtverletzung des Planers darstellt (s.o., OLG Braunschweig, Urteil vom 07.02.2002 ). Fraglich ist allerdings auch hier, wie der Bauherr einen kausal durch die Pflichtverletzung verursachten Schaden begründet. In der Regel geht die Argumentation der Bauherren dahin, dass – hätten sie von der Kostenüberschreitung Kenntnis erhalten – sie den Vertrag gekündigt, das Bauvorhaben nicht durchgeführt und gegebenenfalls zusätzlich Schadensersatz für bis dahin entstandene Schäden geltend gemacht hätten. Oben drauf kommt dann sozusagen noch der Schaden, der durch die Weiterführung des Bauvorhabens entstanden ist.
 
Diese Argumentation erscheint jedenfalls dann grundsätzlich schlüssig, wenn der Bauherr tatsächlich bei Kenntnisnahme der Bausummenüberschreitung gekündigt hätte (so auch OLG Braunschweig, Urteil vom 07.02.2008). Allerdings muss der Bauherr hierzu konkrete Tatsachen vortragen. Das Prinzip "aufklärungsgerechten Verhaltens" ist hier nach der Rechtsprechung nicht ohne weiteres anzuwenden (vgl. OLG Braunschweig, Urteil vom 07.02.2008). Fraglich wäre weiter, ob der Bauherr jedenfalls bei einer erst später im Verlaufe des Bauvorhabens "aufgetretenen Bausummenüberschreitung", auch argumentieren könnte, dass zu diesem Zeitpunkt eine Kündigung ohnehin nicht mehr vernünftig gewesen wäre und der mithin auch so Schadensersatz geltend machen kann; dies bleibt bisher ungeklärt, ist nach Ansicht des Unterzeichners aber nicht von vornherein auszuschließen (vgl. auch die Urteile oben unter c).
 
e)
Ob und inwieweit dem Bauherrn im Übrigen im Rahmen von einer Haftung des Planers wegen Bausummenüberschreitung ein Mitverschulden zugerechnet werden kann, ist bisher in der Rechtsprechung wenig deutlich geklärt (vgl. zu einem Beispiel OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2003). Auch hier wird die Entwicklung abzuwarten bleiben.
 
II.        Vereinbarung einer verbindlichen Kostenobergrenze
 
Den Parteien steht es selbstverständlich frei, eine Kostenobergrenze im Vertrag zu vereinbaren. Während solche Vereinbarungen früher eher untypisch waren, nehmen sie in den letzten Jahren stetig zu. Auch Privatbauherrn dringen immer häufiger auf Vereinbarungen von Kostenobergrenzen. Planer sollten sich sehr genau über die Konsequenzen einer Vereinbarung einer Kostenobergrenze im klaren sein.
 
Nach der Rechtsprechung führt die Vereingarung einer Kostenobergrenze jedenfalls dann zu einem Entfall jeglicher Toleranzen (siehe zu Toleranzen oben unter I. 2.) und damit bei Überschreitung sogleich zu einer Pflichtverletzung, wenn nicht im Vertrag eindeutig etwas anderes geregelt ist (BGH, Urteil vom 13.02.2003  sowie BGH, Urteil vom 23.01.1997) (was selten der Fall sein dürfte, vgl. aber zur Vereinbarung einer geringeren Toleranz als üblich unter OLG Köln, Urteil vom 01.12.2007).
 
Für jeden Einzelfall ist zu prüfen, ob Kostenangaben in Verträgen tatsächlich eine Vereinbarung einer verbindlichen Kostenobergrenze darstellen; Kostenangaben lediglich in vorläufigen Honorarberechnungen werden hierzu i.d.R. nicht dienen können. Zu beachten ist, dass nach jüngerer Rechtsprechung die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze auch konkludent zustande kommen kann. So hat das OLG Frankfurt entschieden, dass eine konkludent vereinbarte Kostenobergrenze anzunehmen ist, wenn der Architekt die Kostenermittlung an die Finanzierungsvorgaben des Bauherrn anpasst und der Bauherr ihn erst aufgrund einer dieser finanziellen Vorgabe entsprechenden Kostenschätzung beauftragt (OLG Frankfurt, Urteil vom 14.12.2006). Nach Ansicht des OLG Celle ist eine feste Kostenobergrenze im Zweifel nicht vereinbart, wenn der Bauherr einer nachfolgenden höheren Kostenschätzung nicht entgegentritt und diese vielmehr akzeptiert (OLG Celle, Urteil vom 28.09.2006). Allein eine im Bauantrag angegebene Bausumme begründet in der Regel keine Vereinbarung einer verbindlichen Kostenobergrenze (BGH, Urteil vom 23.01.1997  und OLG Saarbrücken, Urteil vom 10.01.2006). Andererseits hat der BGH auch entschieden, dass eine vertraglich vereinbarte Kostenobergrenze nicht allein durch eine im Bauantrag genannte Bausumme als neue Baukostenobergrenze ersetzt wird (BGH, Urteil vom 13.02.2003).
 
Eine Haftung aus der Überschreitung einer vereinbarten Kostenobergrenze bedarf weiter eines Verschuldens des Planers.
 
III.       Garantie
 
Die meisten Vertragsverhältnisse zwischen Bauherrn und Planern fallen in die beiden oben genannten Kategorien; entweder haben die Parteien nichts zu den Kosten vereinbart, oder aber sie haben eine Kostenobergrenze als verbindlich im Vertrag festgelegt. Denkbar aber selten ist darüber hinaus eine so genannte Garantieerklärung des Planers gegenüber dem Bauherrn zu den Baukosten. Mit dieser Erklärung sichert der Planer dem Bauherrn die Einhaltung der Baukosten in der Weise zu, dass er jedwede Überschreitung selber ausgleicht.
 
Da das Haftungsrisiko des Planers in einem solchen Fall evident enorm groß ist, legt die Rechtsprechung sehr hohe Anforderungen an die Annahme einer Garantieerklärung. Keinesfalls reicht es aus, dass der Bauherr sich auf geschätzte Baukosten "fest verlässt" (OLG Köln, Urteil vom 25.02.1994). Aus normalen vertraglichen Vereinbarungen, Kostengrenzen einzuhalten, sind in der Regel ebenfalls Garantieerklärungen nicht abzuleiten (OLG Hamm, Urteil vom 22.04.1993); vielmehr handelt es sich dann eben nur um eine Vereinbarung einer verbindlichen Kostenobergrenze (s.o. unter II.).
 
Ist eine Garantie anzunehmen, so ist der Bauherr seines Schadensnachweises sozusagen enthoben; der Planer hätte jedweden Betrag, der über die vereinbarte Kostengarantie hinausgeht, dem Bauherrn zu erstatten; insbesondere findet auch keine Vorteilsausgleich beim Bauherrn statt (s.o. I. 3). Ebenso wenig wäre nach einer Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung zu fragen.
 
Planer sollten im Übrigen nicht nur wegen der großen Haftungsrisiken in der Regel auf Garantieerklärungen verzichten. Eine Garantieerklärung führt zum sicheren Verlust des Haftpflichtversicherungsschutzes (der allerdings schon bei einer Haftung aus "normaler" Bausummenüberschreitung oftmals gefährdet ist). Des weiteren ist eine Tätigkeit eines Planers im Rahmen einer Garantieerklärung i.d.R. nicht als freiberufliche Tätigkeit, sondern als gewerbliche Tätigkeit einzustufen; seine Einkünfte hieraus sind gewerblicher Natur, mithin wird Gewerbesteuer fällig. Freiberufliche Einkünfte können nach der Steuerrechtsprechung von den gewerblichen Einkünften "infiziert werden".
 
Für den Planer, der ausschließlich freiberuflich tätig sein will, ist somit die Garantieerklärung ein Tabu. Anders kann es aussehen für gewerbliche Generalplaner, die die feste Zusage einer Kostenobergrenze durchaus als Marketinginstrument nutzen können.
 
IV.       Honorar des Planers
 
Baukostenüberschreitungen haben oftmals auch Auswirkungen auf das Honorar des Planers.
 
Zunächst zu nennen sind die Fälle, in denen der Bauherr infolge der Pflichtverletzung des Planers und nach fruchtloser Nachbesserungsaufforderung den Vertrag kündigt. In diesem Fall wir die Planung, die die Baukosten überschreitet, für den Bauherrn in der Regel nicht mehr nutzbar sein. Eine Honorarrückforderung wird jedenfalls insoweit berechtigt sein, als dass nicht bestimmte Leistungen des Planers vom Bauherrn ohnehin und unabhängig von den Baukosten gewünscht waren (z.B. eine Planung, die überhaupt erst eine Kostenermittlung erlaubt). Hat der Bauherr hingegen das Bauvorhaben zu Ende geführt und verlangt Schadensersatz, so wird er in der Regel nicht zusätzlich auch noch Honorarrückzahlung fordern können.
 
In den Fällen (s.o. II), in denen die Parteien eine verbindliche Kostenobergrenze vereinbart haben, hat die Rechtsprechung für den Fall einer Überschreitung der Baukosten neben dem Schadensersatzanspruch des Bauherrn eine weitere, honorarrechtliche Konsequenz herausgearbeitet. Danach soll der Architekt nicht auf der Basis der tatsächlichen, überhöhten Baukosten abrechnen dürfen; Grundlage für die anrechenbaren Kosten kann dann lediglich die verbindliche Kostenobergrenze sein. Dies gilt nach der Rechtsprechung selbst dann, wenn das Ergebnis eine Mindestsatzunterschreitung ist (BGH, Urteil vom 23.01.2003). Hat allerdings der Bauherr höhere Kosten als die vereinbarten bereits in den Planungsphasen akzeptiert, so darf der Architekt dann auch nach den höheren Kosten abrechnen (OLG Celle, Urteil vom 29.09.2008).
 
In den besonderen Fällen, in denen der Architekt Kostenermittlungen unterlassen hat, wird der Bauherr – neben etwaigen Kündigungs- und Schadensersatzansprüchen –, jedenfalls in der Regel eine Honorarminderung beim Planer vornehmen können. Nach der Rechtsprechung des BGH stellen unter anderem die Kostenermittlungen vom Planer geschuldete Teilerfolge dar, die – wenn sie nicht erbracht werden – beim Bauherrn zu Gewährleistungsrechten führen.
 
Im Rahmen der Gewährleistung steht dem Bauherrn das Recht zu, das Honorar des Planers zu mindern; Grundlage der Minderungsberechnung stellen hierfür in der Regel die so genannten Teilleistungstabellen dar, die der BGH ausdrücklich für anwendbar erklärt hat. Zu beachten ist, dass die Rechtsprechung grundsätzlich auch bei unterlassenen Teilleistungen zu einem Schadensersatz bzw. Minderungsanspruch des Bauherrn erst dann gelangt, wenn der Bauherr vorher dem Planer Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben hat. Allerdings hat der BGH für Kostenermittlungen bereits ausgesprochen, dass das Erfordernis einer Nachbesserungsaufforderung gegenüber dem Planer dann für den Bauherrn entfällt, wenn er an der Kostenermittlung kein Interesse mehr hat; hiervon ist in der Regel am Ende des Bauvorhabens jedenfalls für die Kostenberechnung auszugehen (BGH, Urt. v. 11.11.2004).

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