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Haftungserweiterung für Freie Sachverständige!

Auch ein Gutachter, den die Öffentlichkeit nicht in gleicher Weise wie beispielsweise einem öffentlich-bestellten Sachverständigen besonders hervorgehobene Kompetenz zutraut, kann einem Dritten gegenüber für schädliche Auswirkungen seines Gutachtens haften.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Aus einem Vertrag mit seinem Auftraggeber oder in Zusammenhang mit diesem kann für den Architekten auch eine Haftung Dritten gegenüber folgen.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 14.11.2000 - X ZR 203/98, BauR 2001, 426)
Ein Bauträgerunternehmen beabsichtigte ein Grundstück zu erwerben. Bezüglich des Grundstücks bestand auf Grund dort früher angesiedelter Betriebe Altlasten-Verdacht. Der Eigentümer beauftragte einen Bodengutachter mit Bodenuntersuchungen. Er teilte dem Bodengutachter hierbei mit, dass ein Bauträger an dem Grundstück interessiert sei und dessen Bebauung plane. Der Bodengutachter kam in seinem Bodengutachten zu dem Ergebnis, dass der Boden kontaminiert sei. Das Bauträgerunternehmen, welches – gleichwohl – die Grundstücke erworben hatte, nahm u.a. in Folge des genannten Gutachtens zunächst von einer Vermarktung und Bebauung der Grundstücke Abstand. Dies führte dazu, dass es – auf Grund der eingetretenen Verzögerung – höhere Zins- und Finanzierungslasten zu tragen hatte. Später stellte sich heraus, dass eine Bebauung des Grundstücks von vornherein unbedenklich gewesen war. Das Bauträgerunternehmen nimmt den Gutachter im Hinblick auf die angefallenen Verzögerungskosten in Höhe von angeblich DM rund 750.000,00 in Anspruch.

Der BGH bestätigt die Möglichkeit einer Haftung des Gutachters dem Grunde nach. Ein Gutachten, das Fehler aufweise, die der Gutachter zu vertreten habe, verpflichte zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Anspruchsberechtigt seien der Besteller des Gutachtens, darüberhinaus aber auch jeder in den Schutzbereich des Gutachtenvertrages einbezogene geschädigte Dritte. Unter Bezugnahme auf frühere Rechtsprechung führt das Gericht weiter aus, dass sich Schutzpflichten für einen Dritten aus einem Gutachtervertrag ergeben könnten, wenn der Auftraggeber das Werk bei einer Person, die über eine besondere, vom Staat anerkannte oder durch einen vergleichbaren Akt nachgewiesene Sachkunde verfüge (z. B. öffentlich-bestellter Sachverständiger, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater) bestellt, um davon gegenüber einem Dritten Gebrauch zu machen. Hieraus könne jedoch nicht abgeleitet werden, dass ein Gutachter, in den die Öffentlichkeit nicht in gleicher Weise die – beispielsweise bei einem öffentlich bestellten Sachverständigen berechtigte – Erwartung einer besonders hervorgehobenen Kompetenz, Erfahrung und Zuverlässigkeit setzen könne, Dritten für ihnen schädliche Auswirkungen seines Gutachtens nicht haften müsse. Die Vertragsfreiheit erlaube es den Vertragsschließenden, auch Schutzpflichten zu Gunsten jedes beliebigen Dritten zu begründen. Dies könne nicht nur durch namentliche Nennung des Dritten geschehen. Eingeschlossen hiervon sei auch die Möglichkeit, stillschweigend einen Dritten, namentlich denjenigen zu begünstigen, der jeweils der Sache nach des sich aus dem Vertrag ergebenden Schutzes bedarf. Ob ein solcher rechtsgeschäftlicher Wille bestehe, sei nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln.
Hinweis
Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass von Dritten gegen Gutachter erhobene Schadensersatzforderungen nicht der 5-jährigen, sondern der 30-jährigen Verjährung (wegen Änderung der Rechtslage altes Recht ! vgl. zum neuen Recht Schuldrechtsreform 2002) unterliegen.

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck