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Haftung des Architekten wegen fehlerhafter Ermittlung der Versicherungssumme eines Gebäudes?

Stellt der Architekt zur Versicherung der von ihm geplanten Objekte dem Bauherrn die Kosten zusammen, kann er für den sich aus einer Unterversicherung nicht gedeckten Schaden haften.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Der Architekt ist in seiner Funktion als Sachwalter des Bauherrn diesem gegenüber zur umfassenden Beratung und Aufklärung während des gesamten Vertragsverhältnisses verpflichtet.

Eine Pflicht zur Beratung über steuerliche und wirtschaftliche Aspekte des Bauvorhabens obliegt dem Architekten allerdings nur in Ausnahmefällen.
Beispiel
(nach OLG Saarbrücken , Urt. v. 18.01.2006 - 5 U 197/05-16)
Ein Architekt hat für eine Bauherrengemeinschaft die Errichtung von Eigenheimen geplant. Der Architekt veranlasste den Abschluss einer Feuerversicherung. Er gab einem der Bauherrn die Kosten für die Objekte an die Hand, wobei die Gesamtkosten auf die einzelnen Eigenheime umgelegt wurden. Auf der Grundlage der so ermittelten Versicherungssumme wurden die Feuerversicherungen für die einzelnen Eigenheime abgeschlossen. Es kam zum Brand. Der Versicherer errechnete einen höheren Wiederaufbauwert und stellte mithin eine Unterversicherung fest. Grund dafür war im wesentlichen, dass der Berechnung des Architekten die Vergünstigungen der Bauherrengemeinschaft, die diese durch den Bau mehrerer Eigenheime erzielen konnte, zugrunde lag.
Die Klage des Bauherrn gegen den Feuerversicherer hatte in erster Instanz Erfolg. In zweiter Instanz wies das OLG die Klage zurück. Die Ermittlung der zutreffenden Versicherungssumme fällt grundsätzlich in die Verantwortung des Versicherungsnehmers. Aufzuklären braucht der Versicherer in der Regel nur darüber, welche Werte für die Versicherung maßgeblich sind. Selbst diese Beratungspflicht bestehe aber nicht, wenn der Versicherungsnehmer sachkundig ist. Das OLG ist der Ansicht, dass der Architekt hätte erkennen müssen, dass die vom ihm dem Bauherrn genannten Werte aufgrund der „Mengenrabatte“ nicht dem ortsüblichen Neubauwert entsprechen. Der geschädigte Bauherr könne sich daher an den Architekten wenden.
Hinweis
Regelmäßig wird vom Architekten nicht die Kenntnis der Unterscheidung zwischen Baukosten und versicherungsrechtlichen Neubauwert verlangt werden können. Vielmehr wird zunächst einmal im Regelfall entgegen dem OLG zu vermuten sein, dass die Kosten, die ein Architekt nennt, Baukosten sind. Stellt ein Architekt aber die Versicherungssumme zusammen oder berät er in die Richtung, dann kann sich die Sicht der Dinge schnell ändern.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck