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Globales Aushandeln lässt den Charakter allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht ohne weiteres entfallen.

Verständigen sich die Parteien im Rahmen der Verhandlung eines Vertrages darauf, dass es sich bei einem geschlossenen Werkvertrag um einen Individualvertrag handelt, genügt das grundsätzlich nicht, um die Regeln zur Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen auszuschließen.

Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Sind Vertragsbestimmungen als sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, so sind sie auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.

Nach den Grundsätzen von Gesetz und Rechtsprechung ist das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu prüfen.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 20.03.2014 - VII ZR 248/13)
Im Rahmen eines Werkvertrages verhandeln die Vertragspartner über den von dem Auftraggeber gestellten Vertrag. In einem Verhandlungsprotokoll wird festgehalten, dass der Auftragnehmer ausdrücklich bestätigt, dass im Rahmen der vergangenen Verhandlungen zum Vertrag über jede Vertragsklausel ausgiebig und ernsthaft mit dem Auftraggeber diskutiert und verhandelt wurde. Der Auftragnehmer sei sich daher mit dem Auftraggeber darüber einig, dass es sich bei dem geschlossenen Vertrag um einen Individualvertrag handeln würde. In der Folge streiten die Parteien über die Wirksamkeit verschiedener Klauseln. Der Auftraggeber beruft sich darauf, dass keine allgemeinen Geschäftsbedingungen vorliegen würden, weil ein Individualvertrag geschlossen worden sei. Damit setzt er sich nicht durch. Der Erklärung kommt keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Selbst im unternehmerischen Rechtsverkehr unterliegen die Regeln zur Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) nicht der Verfügungsgewalt der Vertragsparteien. Sie bilden zwingendes Recht. Sie ziehen der Vertragsfreiheit Grenzen. Der Zweck der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen besteht darin, zum Ausgleich ungleicher Verhandlungspositionen und damit zur Sicherung der Vertragsfreiheit Schutz und Abwehr gegen die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht durch den Verwender zu gewährleisten. Deshalb findet eine Inhaltskontrolle vertraglicher Vereinbarungen nicht statt, wenn die Vertragsbedingungen im Einzelnen ausgehandelt worden sind. In dem Fall befinden sich die Vertragsparteien in einer gleichberechtigten Verhandlungsposition, die es ihnen gestattet, eigene Interessen einzubringen und frei zu verhandeln. Mit diesem Schutzzweck ist es nicht zu vereinbaren, wenn die Vertragsparteien unabhängig davon die Geltung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen individualrechtlich ausschließen. Dadurch wird die Prüfung verhindert, ob eine gleichberechtigte Verhandlungsposition bestanden hat. Vielmehr deutet mehr darauf hin, die Bestimmungen bewusst zu umgehen. Dem will aber gerade das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen entgegenwirken.

Hinweis
Einzelne Klauseln müssten im Ergebnis konkret ausgehandelt werden, wozu insbesondere gehört, dass sie auch ernsthaft zur Verhandlung gestellt werden. Eine solche Verhandlung kann nicht quasi vor die Klammer gezogen werden. Ein bloßes Verhandeln bedeutet im Übrigen auch noch lange kein Aushandeln, das für die Annahme einer Individualvereinbarung gefordert wird.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck