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Freier Mitarbeiter arbeitet hälftig für einen, hälftig für andere Auftraggeber: Arbeitnehmer?

Wendet ein Architekt auf Grund eines Rahmenvertrages mit einem Unternehmen etwa die Hälfte seiner Arbeitszeit für das Unternehmen auf, die andere Hälfte der Arbeitszeit aber zulässigerweise für andere Auftraggeber, so ist dieser Architekt nicht als Arbeitnehmer anzusehen.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Zu bechten ist, dass die für sebständig tätige Architekten geltenden Voraussetzungen für Honoraransprüche nicht ohne weiteres auf sog. freie Mitarbeiter anwendbar sind.
Beispiel
(nach OLG Oldenburg , Urt. v. 11.07.2000 - Beschluss - 2 W 64/00; OLGR Oldenburg, 2000, 263)
Ein Unternehmen schloss mit einem Architekten einen Rahmenvertrag. Nach dem Vertrag sollte der Architekt „bei Anforderung jeder Zeit zur Verfügung stehen“. Allerdings war der Architekt auch berechtigt, für andere Auftraggeber tätig zu werden. Das Unternehmen stellte dem Architekten ein Arbeitszimmer zur Verfügung. In einem Jahr bearbeitete der Architekt für das Unternehmen 14 Aufträge. In einem eigenen Arbeitszimmer bearbeitete der Architekt darüberhinaus in diesem Jahr 21 Aufträge für andere Auftraggeber.

Das Gericht sah den Architekten nicht als Arbeitnehmer an. Eine Qualifikation als Arbeitnehmer bzw. als arbeitnehmerähnliche Person setze jedenfalls eine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber voraus. Eine solche Abhängigkeit sei vorliegend nicht gegeben. Vorliegend habe der Architekt auch für andere Bauherren in einem eigenen Arbeitszimmer arbeiten dürfen und gearbeitet. Darüberhinaus fehle es an der für Arbeitsverhältnisse üblichen Weisungsgebundenheit. Der Architekt habe hier seine Arbeitskraft dem Unternehmen nicht durchgehend zur Verfügung stellen müssen, sondern nur auf Abruf.
Hinweis
Zumindest wenn das zu beurteilende Vertragsverhältnis längere Zeit andauerte, wird die Frage, ob der Architekt auch für andere Auftraggeber in erheblichem Umfange tätig wurde oder nicht, für seine Qualifikation als Arbeitnehmer mit entscheidend sein; wenn in erheblichem Umfang für jedenfalls einen, besser zwei und mehr weitere Auftraggeber Aufträge abgewickelt wurden, wird man selten von einer wirtschaftlichen oder persönlichen Abhängigkeit des Architekten ausgehen können.

Architekten - und zwar sowohl Arbeitgeber als auch freie Mitarbeiter - sollten die Frage der tatsächlichen Qualifikation des Vertragsverhältnisses nicht als unerheblich beiseite schieben. Wird eine "freier Mitarbeiter" ggfs. durch ein Gericht als Arbeitnehmer (oder auch "nur" als arbeitnehmerähnliche Person) eingestuft, so hat dies u.a. im Hinblick auf die Vergütung - und zwar auch entgegen einvernehmlich getroffener Vereinbarungen - ganz erhebliche Auswirkungen (s. im einzelnen unter Honoraranspruch / freie Mitarbeiter), darüberhinaus im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Arbeitnehmerschutz-Gesetzgebung sowie in steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht (vgl. hierzu unter Sonderthemen / Scheinselbständigkeit I).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck