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Freier Mitarbeiter an Mindestsatz unterschreitende Honorarvereinbarung gebunden?

Die Abrechnung nach Mindestsätzen der HOAI durch einen freien Mitarbeiter, der Architektenleistungen erbringt, ist auch bei einem vereinbarten Stundenhonorar gestattet und nicht treuwidrig.
 
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung .

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze; in Einzelfällen kann allerdings auch eine Bindung des Architekten an eine unwirksame mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung in Betracht kommen.
Beispiel
(nach OLG Oldenburg , Urt. v. 21.11.2017 - 2 U 73/17)
Ein seit 4 Jahren selbstständig tätiger Architekt bewirbt sich bei einem anderen Architektenbüro um eine ausgeschriebene Stelle als angestellter Architekt. Die Parteien vereinbaren, dass der sich bewerbende Architekt für das erste halbe Jahr seiner Tätigkeit als freier Mitarbeiter für den Beklagten arbeiten soll. Die Abrechnung der Leistungen soll auf Stundenhonorarbasis erfolgen. Der freie Mitarbeiter wurde in der Folge bei mehreren Bauvorhaben des Büroinhabers tätig und rechnete diese Leistungen nach dem vereinbarten Stundenhonorar ab. Der freie Mitarbeiter war dabei nicht direkt in die Büroablauf des Inhabers eingebunden und bearbeitete nebenbei auch Aufträge für andere Auftraggeber. Immer wieder fragt er beim Inhaber an, wann eine Umstellung in eine angestellte Tätigkeit erfolgen könne. Nach anderthalb Jahren endet die Zusammenarbeit, nunmehr macht der freie Mitarbeiter für seine Leistungen Mindestsätze nach HOAI (unter Anrechnung der gezahlten Stundenhonorare) geltend.
 
Das Landgericht weist die Klage ab. Der freie Mitarbeiter verhalte sich treuwidrig und sei an die Mindestsatz unterschreitende Honorarvereinbarung auf Stundenbasis gebunden. Das OLG Oldenburg sieht dies anders. Es stellt zunächst fest, dass das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nicht als Arbeitnehmer- oder arbeitnehmerähnliches Dienstverhältnis zu qualifizieren sei, insbesondere weil der freie Mitarbeiter auch Aufträge für andere Auftraggeber nebenbei bearbeitet habe (vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 14.03.2002). Entgegen der Ansicht des Landgerichtes sei die Geltendmachung eines Honorars in Höhe der Mindestsätze der HOAI durch den Subplaner auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des §§ 242 BGB. Dabei könne dahinstehen, ob der Büroinhaber überhaupt auf die Wirksamkeit der mündlich getroffenen Absprachen - Abrechnung auf Stundenlohnbasis - vertrauen dürfte; als Architekt seien ihm die Regelungen des § 7 HOAI bekannt. Jedenfalls habe der Büroinhaber nicht substantiiert dargetan, dass er sich auf die mündliche Vergütungsabrede mit dem Kläger in einer Weise eingerichtet habe, die das Verlangen eines höheren Betrages unzumutbar machen würde. Allein die pauschale Behauptung des Büroinhabers, auch er habe mit seinen Auftraggebern Honorare unterhalb der Mindestsätze der HOAI vereinbart, reiche hierfür nicht aus (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 07.09.2004; anders noch OLG Stuttgart, Urteil vom 11.05.2004).
Hinweis
Der BGH hat diese Frage noch nicht eindeutig entschieden. Er hat allerdings in seinem Urteil vom 27.10.2011 entschieden, dass ein Generalplaner sein Vertrauen auf die Wirksamkeit einer Mindestsatz unterschreitenden Honorarvereinbarung nicht ohne weiteres auf die „Nicht-Kenntnis“ der HOAI stützen können (möglicherweise aber auf Umstände, nach denen eine Mindestsatzunterschreitung nach HOAI zulässig seien).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck