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Fehlendes Bautagebuch: Wie haftet der Architekt?

Nach dem Grundsatzurteil des BGH vom 24.06.2004 – VII ZR 259/02- entfällt der Honoraranspruch des Architekten ganz oder teilweise, wenn dem Bauherren entsprechende Gewährleistungsansprüche nach dem BGB gegen den Architekten zustehen. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens kann der Architekt regelmäßig das Erstellen eines Bautagebuchs nicht mehr zuverlässig nachholen, so dass der Bauherr direkt Minderung des Honorars verlangen kann.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Honorarminderungen muss der Architekt nach den Vorschriften des Gewährleistungsrechts hinnehmen, wenn er ihm übertragene Teilleistungen nur unvollständig erbracht hat.
Beispiel
(nach OLG Celle , Urt. v. 11.10.2005 - 16 U 68/04)
Seinem eigenen Vortrag nach hatte sich der Architekt aufgrund eines mündlich mit dem Bauherrn geschlossenen Architektenvertrags zur Erbringung von Architektenleistungen gem. Leistungsphasen 1 - 8 des § 15 HOAI verpflichtet. Er verlangt die Zahlung des vollständigen Honorars. Der Bauherr wendet u.a. ein, dass der Architekt sich Kürzungen gefallen lassen müsse, weil er die Leistungen nicht vollständig erbracht habe. § 15 Abs. 2 Nr. 8 HOAI sieht als Grundleistung im Rahmen der Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) das Führen eines Bautagebuchs vor. Ein Bautagebuch war zumindest nicht vollständig geführt worden. Das Bautagebuch dient den Interessen des Bauherrn und soll in zuverlässiger Weise Leistungen, Lieferungen und Tätigkeiten der verschiedenen Unternehmer unter Beachtung des personellen und örtlichen Einsatzes sowie die jeweiligen Arbeitsbedingungen auf der Baustelle festhalten. Für den Fall einer späteren gerichtlichen oder außergerichtlichen Auseinandersetzung ist es zudem ein Beweismittel. Damit dient es nicht in erster Linie dem Architekten zu dessen eigener Gedächtnisstütze, sondern dem Bauherrn.

Der Bauherr konnte deshalb nach Ansicht des Gerichtes wegen des fehlenden Bautagebuchs eine Kürzung des Architektenhonorars verlangen, weil der Architekt diesen Mangel auch nach seinem eigenen Vortrag nicht beheben konnte und damit eine Nachfristsetzung entbehrlich ist, § 634 Abs. 2 BGB a. F. (nach altem Recht mit Ablehnungsandrohung, s. hierzu allgemein unter Sonderthemen / Schuldrechtsreform 2002). Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. unter Haftung / .. / Grundsatzurteil II).), kann für die Bewertung nicht oder nur teilweise erbrachter Grundleistungen auf die Steinfort-Tabelle oder andere Bewertungstabellen als Orientierungshilfe zurückgegriffen werden. Nach der bei Korbion/Mantscheff/Vygen (§ 5, Rdnr. 32, Nr. 8.5) - in Anlehnung an die Steinfort-Tabelle - entwickelten Tabelle kommt dem Führen eines Bautagebuchs ein Anteil von 0,5 % der vom Architekten im Rahmen der Leistungsphasen 1 - 9 des § 15 HOAI insgesamt geschuldeten Grundleistungen zu. Anhaltspunkte, die zu einer anderen Bewertung führen könnten, waren vom Architekten nicht dargelegt.
Hinweis
Das OLG Celle setzt die BGH Rechtsprechung konsequent fort. Ob im Einzelfall ein Bautagebuch doch noch vollständig – nachgeholt - vorgelegt werden kann, wird im Auge behalten bleiben können. Der Bauherr wird richtigerweise den Architekten dazu auffordern, wenn dies noch in Betracht kommt. Der Architekt wird konkret Umstände darzulegen haben, wenn er meint, dass die Bewertung nach den gängigen Tabellen in seinem Fall nicht korrekt sei. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Tabellen kann im Einzelfall schon wegen der Unterschiedlichkeit der Bauvorhaben sinnvoll sein.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck