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Fehlende Mitwirkung des Bauherrn: Kündigungsgrund für den Architekten?

Nach Ansicht des OLG Frankfurt kann ein Architekt einen Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Auftraggeber gebotene Mitwirkungshandlung verweigert.

Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Eine vorzeitige Vertragsbeendigung hat erhebliche Auswirkungen auf die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.

Der Architekt kann nach dem Gesetz den Architektenvertrag nur dann durch Kündigung vorzeitig beendigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Beispiel
(nach OLG Frankfurt , Urt. v. 27.11.2013 - 23 U 203/12; BGH, Beschluss vom 05.02.2015, VII ZR 332/13 - NZB zurückgewiesen)
Der Eigentümer eines Wohnhaues möchte Wohnungen im Erdgeschoss und im 1. OG renovieren lassen. Hierzu beauftragt er einen Architekten mit einem "Bauleitungsvertrag" für die Durchführung von Sanierungs-, Modernisierungs- und Renovierungsarbeiten. In dem Vertrag wird u. a. auch ein Fertigstellungstermin, um dessen Einhaltung sich der Architekt zu bemühen hat, vorgesehen. In Erfüllung seines Auftrages beauftragt der Architekt namens des Bauherrn verschieden Firmen mit Bauleistungen. Der Architekt stellt selber mehrere Abschlagsrechnungen, von denen allerdings nicht alle durch den Bauherrn gezahlt werden.

 

Im Weiteren bittet der Architekt den Bauherrn mehrfach um Gesprächstermine, um das weitere Fortschreiten des Bauvorhabens mit dem Bauherrn besprechen zu können, u. a. auch weil Handwerkerfirmen beginnen, wegen fehlender Zahlungen ihre Arbeit einzustellen. Trotz nachhaltiger Versuche des Architekten, Kontakt zum Bauherrn persönlich oder telefonisch aufzunehmen, verweigert der Bauherr jeglichen Kontakt und er erteilt ihm Hausverbot im Hinblick auf seine Geschäfts- und Privatadresse. Nach anwaltlicher Beratung kündigt der Architekt daraufhin den Vertrag. Im folgenden Prozess geht es u. a. um die Frage, ob der Architekt hier zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt war.

 

Das OLG Frankfurt gesteht dem Architekten ein außerordentliches Recht zur Kündigung des Vertrages zu. Die Fortsetzung des Vertrages sei dem Architekten nicht mehr zumutbar gewesen. Zwar sei ein vom Bauherrn zu vertretener wichtiger Grund, der den Architekten zur Kündigung berechtige, nur bei einem schwerwiegenden Vertragsverstoß anzunehmen; es könnten allerdings auch einzelne, nicht so schwerwiegende Verstöße vorliegen, die in der Summe eine solch erhebliche Erschütterung des Vertrauensverhältnisses mit sich brächten, dass dem Architekten ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden könne. Dies könne, so das OLG Frankfurt, auch vorliegen, wenn der Bauherr gebotene Mitwirkungshandlungen verweigere. In dem vorliegenden Falle habe der Bauherr sowohl gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen als auch darüber hinaus ein unzumutbares Verhalten gegenüber dem Architekten an den Tag gelegt, so dass bei der gebotenen Gesamtbetrachtung im Ergebnis eine erhebliche Erschütterung des Vertrauensverhältnisses vorlag, das den Architekten zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigte.

Hinweis
Der hier vorliegenden Fall einer pauschalen und in der Art absoluten Verweigerung einer Mitwirkung dürfte wohl eher ein Sonderfall sein und begründet sicherlich ein Recht zur außerordentlichen Kündigung für den Planer. Jedoch ist bei außerordentlichen Kündigungen durch den Planer im Allgemeinen und bei außerordentlicher Kündigung wegen fehlender Mitwirkungshandlung im Besonderen Vorsicht geboten.

Eine Kündigung aus wichtigem Grund stellt immer eine Eskalation des Vertragsverhältnisses da und endet fast immer vor Gericht. Bei fehlender Mitwirkung sind zudem die §§ 642, 643, 645 BGB zu beachten. Diese regeln gesondert, unter welchen Voraussetzungen bei fehlender Mitwirkungshandlung des Bestellers eine Auflösung des Vertrages möglich ist und mit welchen Rechtsfolgen. U. a. sieht § 643 BGB auch vor, dass dem Bauherrn zur Vornahme der Mitwirkungshandlung eine angemessene Frist bestimmt wird, mit der Erklärung, dass der Vertrag gekündigt werde, wenn die Handlung nicht bis zum Ablauf der Frist vorgenommen wird. Nur beim Vorliegen besonderer Umstände kommt – soweit aus der Rechtsprechung ersichtlich – eine Kündigung aus wichtigem Grund nach allgemeinen Regeln mit der Rechtsfolge des § 649 BGB in Betracht. Selbst in diesem Fall wird wohl eine Fristsetzung gem. § 643 BGB Voraussetzung sein (BGH, Urteil vom 15.11.1962, VII ZR 113/61; BB 1963, 160).

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