https://www.baunetz.de/recht/Fehlende_Kostenermittlungen_Minderung_des_Honorars_oder_Recht_des_Architekten_auf_Nachbesserung__44356.html


Fehlende Kostenermittlungen: Minderung des Honorars oder Recht des Architekten auf Nachbesserung?

Nach dem Grundsatzurteil des BGH vom 24.06.2004 – VII ZR 259/02- entfällt der Honoraranspruch des Architekten ganz oder teilweise, wenn dem Bauherren entsprechende Gewährleistungsansprüche nach dem BGB gegen den Architekten zustehen. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens hat der Bauherr regelmäßig kein Interesse mehr an einer Kostenschätzung, einer Kostenberechnung und an einem Kostenanschlag, so dass er ohne vorherige Mangelbeseitigungsaufforderung direkt Minderung des Honorars verlangen kann.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Honorarminderungen muss der Architekt nach den Vorschriften des Gewährleistungsrechts hinnehmen, wenn er ihm übertragene Teilleistungen nur unvollständig erbracht hat.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 11.11.2004 - VII ZR 128/03)
Ein Bauherr wendet gegen den Honoraranspruch des Architekten ein, dass der Architekt Kostenermittlungen nicht erbracht habe. Die Parteien hatten einen Vertrag über die Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 Abs. 2 HOAI geschlossen. Das Bauvorhaben war fertiggestellt. Der Architekt holt auf den Einwand des Bauherrn Kostenschätzung, Kostenberechnung und Kostenanschlag nach. Der Bauherr wendet ein, dass er an den Leistungen angesichts des bereits fertiggestellten Bauvorhabens kein Interesse mehr habe und beruft sich weiter auf Minderung des Honorars.


Der BGH gesteht dem Bauherrn entgegen den Vorinstanzen das Recht auf Minderung zu. Grundsätzlich sei der Architektenvertrag auszulegen. Die Bezugnahme auf die Leistungsphasen der HOAI führe dazu, dass auch die Kostenermittlungen als Teilleistungen geschuldet seien (s. hierzu unter Haftung / .. / Grundsatzurteil II). Der Bauherr hat grundsätzlich ein Recht auf Erfüllung einschließlich Nacherfüllung, wenn die Leistung nicht erbracht wird. Insoweit hat der Architekt ein Recht darauf, zunächst einmal Gelegenheit zu bekommen, den Mangel seiner Leistung zu beheben. Das gilt nach der Entscheidung des BGH allerdings dann nicht mehr, wenn der Besteller das Interesse an der Leistung deshalb verloren hat, weil die Leistung ihren vertraglich vorgesehenen Zweck nicht mehr erfüllen kann. Das sei für die Kostenschätzungen, Kostenberechnungen und Kostenanschläge, die erst nach Durchführung des Bauvorhabens und meist zu Zwecken der Honorarberechnung vorgelegt werden, ohne weiteres anzunehmen. Die Teilleistungen müssen grundsätzlich in den Leistungsphasen erbracht werden, denen sie in der HOAI zugeordnet sind. Andernfalls würden sie ihren Zweck regelmäßig nicht mehr erfüllen können. Dieser besteht darin, eine vom Planungsstand abhängige Information über die voraussichtlichen Kosten des Bauwerks zu erhalten.

Der BGH kommt im Ergebnis zu der Feststellung, dass nach Fertigstellung des Bauvorhabens (und Beendigung der für die jeweilige Kostenermittlung maßgeblichen Leistungsphase) der Bauherr regelmäßig kein Interesse mehr an einer Kostenschätzung, einer Kostenberechnung und an einem Kostenanschlag habe, so dass eine Minderung der Vergütung nicht davon abhänge, dass er dem Architekt zur Nachholung der geschuldeten Kostenermittlungen unter Fristsetzung (nach altem Recht mit Ablehnungsandrohung, s. hierzu allgemein unter Sonderthemen / Schuldrechtsreform 2002) aufgefordert habe.
Hinweis
Der BGH konkretisiert seine Grundsatzentscheidung. Er stellt klar, dass die Meinung unzutreffend sei, ein Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Kostenermittlungen könne deshalb nicht geltend gemacht werden, weil es dem Kläger während des Bauvorhabens zumutbar gewesen sei, eine Frist mit Ablehnungsandrohung (BGB a.F.) zu setzen. Der Zeitpunkt sei für die Beurteilung nicht maßgebend.
Inwieweit die im Prozess vorgelegte Kostenfeststellung ihren Zweck erfüllen kann, so dass sie eine zwar verspätete, aber dennoch sachlich mangelfreie Erfüllung des Vertrages darstellt, die eine Minderung ausschließt, ließ der BGH offen, da hierzu keine Feststellungen getroffen waren.

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck