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Fehlende Genehmigungsfähigkeit: Hinweispflicht des Architekten, wenn genehmigungsrelevante Problematik dem Bauherrn bekannt?

Bei schwierigen genehmigungsrelevanten Rechtsfragen ist es Pflicht des Architekten lediglich, auf die Problematik hinzuweisen und die Einholung rechtskundiger Hilfe anzuregen; eine Haftung für den unterlassenen Hinweis kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Bauherr selber die erforderlichen Kenntnisse hinsichtlich der Beurteilung der Rechtsfrage hat und deren Prüfung aus dem Architektenvertrag herausnimmt.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 1 - 5 führen Planungsfehler zu einer Haftung des Architekten.

Ein besonderes Haftungsrisiko trifft den Architekten bei der Erstellung einer genehmigungsfähigen Planung.
Beispiel
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 12.10.2006 - 5 U 111/06 –)
Ein Bauherr beauftragt einen Architekten mit der Genehmigungsplanung für eine gewerbliche Produktionsanlage. Der Architekt kümmert sich hierbei lediglich um die baurechtliche Genehmigung. Dem Bauherrn ist derweil die Möglichkeit einer Genehmigungsbedürftigkeit auch im Hinblick auf das Imissionsschutzgesetz bekannt. Schon vor Abschluss des Architektenvertrages und vor Baubeginn hatte der Bauherr sich bezüglich der imissionsschutzrechtlichen Problematik abzusichern versucht, allerdings ohne Erfolg. Nach Erteilung der Baurechtlichen Genehmigung erfolgt eine Stilllegungsverfügung für die Produktionsanlage. Der Bauherr nimmt nunmehr den Architekten in Haftung mit dem Argument, er habe nicht die Genehmigungsfähigkeit der Anlage herbeigeführt.

Das OLG Stuttgart weist die Klage des Bauherrn gegen den Architekten ab. Aufgrund der unstreitigen Kenntnis des Bauherrn von der emissionsschutzrechtlichen Problematik sowie aufgrund weiterer Umstände geht das Gericht davon aus, dass die Prüfung der imissionsschutzrechtlichen Problematik hier einvernehmlich aus dem Architektenvertrag herausgenommen worden war. Des weiteren geht das Gericht zwar im Grundsatz von der Pflicht des Architekten aus, bei schwierigen Rechtsfragen den Bauherrn auf die Problematik hinzuweisen und die Einholung rechtskundiger Hilfe anzuregen. Selbst aber bei unterstellter Verletzung dieser Pflicht wäre hier ein kausaler Schaden nicht entstanden. Denn der Architekt hätte dem Bauherrn nicht mehr mitteilen können, als dieser ohnehin gewusst habe. Eine sichere Prognose, wie gegebenenfalls die Verwaltungsgerichte über die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit in imissionsschutzrechtlicher Hinsicht entscheiden würden, sei ohnehin nicht möglich gewesen. Im Übrigen könne eine Hinweispflicht des Architekten allenfalls dann angenommen werden, wenn für den Architekten eine eindeutige und offensichtliche Fehleinschätzung des Bauherrn über die Genehmigungsproblematik offenbar geworden wäre. Dies sei jedoch hier ebenfalls nicht der Fall.
Hinweis
Die Urteile der Gerichte zur Haftung von Architekten bei schwierigen Rechtsfragen im Genehmigungsverfahren fielen bisher unterschiedlich aus. Teilweise wurde der Architekt ohne weiteres enthaftet, wenn eine schwierige Rechtsfrage zu klären gewesen war; hierbei wurde darauf hingewiesen, dass vom Architekten nicht die Klärung schwieriger Rechtsfragen verlangt werden könne, er sei nicht Jurist (vgl. zum Beispiel Urteil vom KG Berlin 20.03.2006).

In vorgenannten Fällen wurde von hieraus bereits darauf hingewiesen, dass eine Enthaftung des Architekten nicht alleine auf das Vorliegen einer schwierigen Rechtsfrage gestützt werden könne. Denn auch bei schwierigen Rechtsfragen hat der Architekt die Pflicht, den Bauherrn auf eben die schwierige Rechtsfrage hinzuweisen und gegebenenfalls die Einholung rechtskundigen Rates zu empfehlen. Insoweit erscheint die Entscheidung des OLG Stuttgart nunmehr ausdrücklich richtig. Eine Enthaftung des Architekten kam in vorbesprochenem Fall nur deshalb in Betracht, weil es eben des grundsätzlich erforderlichen Hinweises in diesem besonderen Fall nicht mehr bedürfte.

Für Architekten ist es von erheblicher Bedeutung, ihrer Hinweispflicht im Hinblick auf etwaige Risiken und Klärung schwieriger Rechtsfragen zu genügen, und zwar in einer Art und Weise, die ihnen später den Nachweis ihrer Pflichterfüllung ermöglicht.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck