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Erfüllungsschaden: Wann ist Einwand des Haftpflichtversicherers berechtigt?

Wird der Zweck von vom Bauträger aufgewandter Vermessungs- und Notarkosten verfehlt, ist darauf der Erfüllungsausschluss gemäß § 4 Abs. 6 AHB nicht anzuwenden.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

Gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungsverträge (AHB; BBR/Arch) sind bestimmte Risiken und Schäden nicht vom Versicherungsumfang erfasst.
Beispiel
(nach OLG Hamm , Urt. v. 07.02.2007 - 20 U 118/06 –)
Ein Architekt wird von einem Bauträger im Rahmen der Entwicklung von Grundstücksflächen eingeschaltet. Der Architekt prüft die mögliche Aufteilung von den Flächen und die Frage der Bebaubarkeit der Einzelflächen. In einem konkreten Fall geht es um die Frage, ob sich der Wunsch von bestimmten Kunden, die sich für eine Teilfläche interessieren, verwirklichen lässt, dort ein Haus mit einer Hausbreite von 7,20 m zu errichten. Der Architekt erarbeitet einen Aufteilungsplan, in dem das Haus nach den Wünschen der Kunden eingearbeitet war. Die Kunden erwarben die herausparzellierte Teilfläche.

Im Rahmen des Bauantrages stellt sich heraus, dass durch das geplante Haus die im B-Plan vorhandenen Baulinien überschritten wurden; ein Dispens konnte nicht erreicht werden. Darauf hin wurde der Kaufvertrag der Kunden rückgängig gemacht, die Kunden erwarben unter Neuparzellierung der Gesamtgrundstücksfläche ein anderes Grundstück, auf dem ihr Haus realisiert werde konnte. Der Bauträger macht € 41.000,00 gegenüber dem Architekten geltend. Die vom Architekten in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung wehrt sich unter anderem mit dem Argument, es handele sich bei den geltend gemachten Schäden um nicht versicherte Erfüllungsschäden bzw. deren Surrogate, § 4 Abs. 6 AHB.

Das OLG Hamm sieht vorliegend die vom Bauträger geltend gemachten Schäden nicht als Erfüllungsschäden an. Wird ein Architekt auf Nacherfüllung in Anspruch genommen, so sei diese Verpflichtung zur Nacherfüllung zugleich Erfüllung des Architektenvertrages selbst und nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung. Werde wegen eines Planungsfehlers eines Architekten eine neue Planung erforderlich, so stelle sich dieser als Beseitigung eines Mangels des Architektenwerkes dar. Die Beseitigung der Mängel eines Architektenwerkes gehöre ebenfalls zur Erfüllung des Architektenvertrages und sei als solche nicht Gegenstand der Versicherung. Ebenso wenig bestehe Versicherungsschutz, wenn der Bauherr wegen eines Planungsmangels vom Vertrag zurücktrete oder Minderung des Architektenhonorars verlange. Schadensersatzansprüche jedoch, die nicht den Mangel des Architektenwerkes selber betreffen, fallen unter den Versicherungsschutz.

Vorliegend habe der Bauträger in Folge der Baulinienüberschreitung den schon geschlossenen Kaufvertrag mit den Kunden über die Parzellen rückabgewickelt und eine Neuaufteilung des Grundstückes vorgenommen. Die Umstellung der Verträge sowie die Neuvermessung und Neuaufteilung der Parzellen habe Kosten verursacht, die der Bauträger ebenso wie eine durch die Neuaufteilung bedingte mindere Bebaubarkeit der Gesamtfläche als Schadensposition dem Kläger gegenüber geltend mache. Diese Schadenspositionen seien Folgeschäden und nicht Erfüllungsschäden.
Hinweis
Relativ unproblematisch dürfte die Zuordnung zu Folgeschäden gelten für die Kosten der Rückgängigmachung des Kaufvertrages und für die Kosten der Neuparzellierung des Grundstückes. Nicht völlig eindeutig mag die Zuordnung aber sein für etwaige Kosten, die der Bauträger aufwandte, um etwa durch einen Drittarchitekten eine Neuaufteilung des Gesamtgrundstückes vornehmen zu lassen (wobei aus den Urteilsgründen nicht eindeutig hervorgeht, ob solche Kosten überhaupt angefallen sind). Da die Planungstätigkeit selber durchaus zum Architektenwerk gehört, könnte man hier darauf schließen, dass es sich um einen von der Haftpflichtversicherung ausgenommenen Erfüllungsschaden handelt. Allerdings müssen – nach aber umstrittener Ansicht – noch nicht alle Kosten, die für Drittplaner aufgewandt werden, zwingend Erfüllungsschäden sein (vgl.KG Berlin, Urt. v. 21.10.2005).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck