https://www.baunetz.de/recht/Entfaellt_die_Haftung_wenn_der_zu_ueberwachende_Unternehmer_insolvent_und_wirtschaftlich_nicht_mehr_in_der_Lage_ist_Maengelruegen_des_Architekten_abzuarbeiten__4118809.html


Entfällt die Haftung, wenn der zu überwachende Unternehmer insolvent und wirtschaftlich nicht mehr in der Lage ist, Mängelrügen des Architekten abzuarbeiten?

Die durch eine Insolvenz dokumentierte mangelnde Leistungsfähigkeit des Unternehmers kann die Schadenskausalität einer etwaigen Überwachungspflichtverletzung des Architekten ausschließen oder ein gegebenenfalls erhebliches Mitverschulden des Auftraggebers begründen.

Hintergrund
er Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In der Leistungsphase 8 begründet die Verletzung u.a. von Überwachungspflichten oft eine Haftung des Architekten.

Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich nach dem Einzelfall; Besonderheiten ergeben sich z.B. bei mangelnder Sachkunde oder Zuverlässigkeit des bauausführenden Unternehmens.
Beispiel
(nach OLG München , Urt. v. 05.08.2014 - 9 U 3291/13)
Der Auftraggeber lässt auf Grundlage der Planung des Architekten eine Fassade errichten. Das ausführende Unternehmen wird insolvent. Aus verschiedenen Gründen hält der Auftraggeber gleichwohl an dem Unternehmen fest und lässt es weiter bauen. Zur Vermeidung von Engpässen werden auch externe Arbeitstrupps zur Verfügung gestellt. Der Architekt weist auf die Problematik hin und weist auch darauf hin, dass das Unternehmen Mängelbeseitigungsaufforderungen nicht nachkommt. Einige Zeit nach Fertigstellung der Fassade zeigen sich Schäden. Der Bauherr nimmt den Architekten in Anspruch. Die Schäden seien seiner ungenügenden Bauüberwachung geschuldet. Der Architekt wehrt sich dagegen unter anderem mit dem Argument, dass der Bauherr sich der Risiken der weiteren Zusammenarbeit mit dem insolventen Unternehmen einschließlich des damit verbundenen Zeitdrucks und der Schwierigkeit im Zusammenhang mit Mängeln bewusst gewesen sei. Das Gericht gibt diesen Einwendungen grundsätzlich eine Chance. Der Bauherr könnte sehenden Auges eine anderweitige Ausführung gewollt haben. Der Unternehmer könnte Rügen der Bauüberwachung wegen seiner mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht befolgt haben, der Bauherr könnte darüber und die daraus folgenden Risiken voll informiert gewesen sein und gleichwohl aus Zeitdruck auf eine Weiterarbeit des Unternehmers bestanden haben, so dass kein Überwachungsfehler vorliegen könnte. Darin könnte auch ein ganz erhebliches Mitverschulden des Bauherrn liegen. Die mangelnde Leistungsfähigkeit des Unternehmers (Insolvenz) könnte sogar die Schadenskausalität einer etwaigen Überwachungspflichtverletzung ausschließen. Diesen Einwendungen des Architekten ist grundsätzlich nachzugehen.

Hinweis
Das Gericht hat den Fall an die Vorinstanz zur weiteren Aufklärung insbesondere im Hinblick auf die Einwendungen zurückverwiesen. Auch bei chaotischen Zuständen wird der Bauherr nicht absichtlich Schäden hinnehmen wollen, sondern allenfalls folgenlose Mängel akzeptieren können. Schließlich geht es auch darum, was der Architekt im konkreten Fall schuldet. Ist von ihm schon gefordert, dass er den Eintritt eines Mangels verhindert oder wird er lediglich darauf reduziert, den eingetretenen Mangel anzuzeigen. Grundsätzlich wird erwartet, dass das Entstehen von Mängeln durch den Architekten verhindert wird.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck