https://www.baunetz.de/recht/Eine_Aufklaerung_die_den_Architekten_enthaften_soll_muss_dem_Bauherrn_das_eingegangene_Risiko_vollstaendig_vor_Augen_fuehren__1004021.html


Eine Aufklärung, die den Architekten enthaften soll, muss dem Bauherrn das eingegangene Risiko vollständig vor Augen führen!

Bei einer riskanten Planung obliegt es dem Architekten, dem Bauherrn das Risiko durch eine ausreichende Aufklärung vollständig vor Augen zu führen; nur eine solche Aufklärung kann – wenn der Bauherr das Risiko bewusst in Kauf nimmt – zu einer Enthaftung des Planers führen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.

Eine Einschränkung oder ein Ausschluß der Haftung kann sich ergeben, wenn der Bauherr auf eigene Gefahr handelt.
Beispiel
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 18.08.2008 - 10 U 4/06; BGH Beschluss vom 27.08.2009 – VII ZR 175/08, NZB zurückgewiesen. )
Ein Architekt wird für ein repräsentatives Bürogebäude beauftragt. Seine Planung sieht in Abstimmung mit dem Bauherrn eine Glasfassade vor. Hinsichtlich der Glasfassade soll es neben dem transparenten Glas nur zwei weitere Farbtöne, nämlich Lachs/Beige und Hellgrau/Weiß geben. Später beanstandet der Bauherr, dass der Eindruck vieler verschiedener Farben entstehe und das Gebäude zu einer "Farbschachtel" verkommen sei. Ein Sachverständiger bestätigt den Eindruck vieler verschiedener Farben. Die Ursachen für die Farbabweichungen lägen in den unterschiedlichen Glasaufbauten und Glasarten und deren Einbau als Isolierverglasung und Einfachverglasung sowie als Kalt- und Warmpanel nebeneinander oder in unmittelbare Nähe zueinander. Die Farbabweichungen hätten dem Planer bereits während der Planung erkennbar sein können.

Der Planer verteidigt sich unter anderem mit dem Argument, er habe den Bauherrn auch vorher auf gewisse Farbunterschiede, die technisch nicht vermeidbar seien und hingenommen werden müssten, aufmerksam gemacht. Gleichwohl habe der Bauherr sich für das durchgeführte Verfahren entschieden.  Das Gericht verurteilt den Architekten. Seine "Aufklärung" führe nicht zu seiner Enthaftung. Der Architekt hafte nur dann nicht für die Folgen eine riskanten Planung, wenn er seinen Auftraggeber in der Art aufgeklärt hat, dass dieser die Bedeutung und Tragweite des Risikos der Planung kannte. Bestehe dann der Bauherr gleichwohl auf der Ausführung, seien nachteilige Folgen nicht auf den Architekten abwälzbar. Hier sei aber der Hinweis des Architekten auf "gewisse Farbunterschiede" eher verharmlosend.
Hinweis
Leider sehr häufig kommt es vor, dass Planer die Bauherren wohl auf etwaige Risiken hinweisen, die entsprechende Aufklärung aber zum einen unzureichend und zum anderen in der Regel nicht nachweisbar ist. Architekten sollten hier sehr sorgfältig vorgehen und ausführlich und schriftlich aufklären. Die Kenntnisnahme der Aufklärung durch den Bauherrn muss ebenfalls nachweisbar sein.
 
Hat der Planer den Bauherrn über Risiken unzureichend aufgeklärt, gibt das zu dem der Haftpflichtversicherung häufig Anlass, über einen Deckungsausschluss nachzudenken: In solchen Fällen liegt nämliche häufig eine bewusste Pflichtwidrigkeit vor (vgl. Haftpflichtversicherung / Ausschlüsse).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck