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Duldungsvollmacht für vom Architekten erteilte Aufträge bei Abschlagszahlungen durch Bauherrn

Zahlt ein Bauherr mehrere Abschlagsrechnungen eines Unternehmers, so ist von einer Duldungsvollmacht für die vom vollmachtlosen Architekten diesem Unternehmer erteilten Aufträge auszugehen. Der Bauherr muss sich die Auftragserteilung durch den Architekten zurechnen lassen.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Die Befugnisse des Architekten, den Bauherrn gegenüber Dritten, beispielsweise Bauunternehmern, zu vertreten, richtet sich nach der ihm erteilten Vollmacht.

Liegen die Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht vor, so ist eine Erklärung des Architekten dem Bauherren wie bei einer Bevollmächtigung zuzurechnen.
Beispiel
(nach OLG Dresden , Urt. v. 21.05.1997 - 18 U 2819/96 -, BGH, Beschluss vom 20.08.1998 - VII. ZR 200/97 - (Revision nicht angenommen))
Ein Architekt erteilte im Rahmen der Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses einem Trockenbau- und Malerbetrieb namens des Bauherrn Aufträge im Werte von DM 360.000,00. Der Architekt war durch den Bauherrn nicht zur Auftragsvergabe bevollmächtigt. Gleichwohl zahlte der Bauherr auf sieben Abschlagsrechnungen des Bauunternehmers insgesamt mehr als DM 200.000,00. Später bestritt der Bauherr, Aufträge erteilt zu haben.

Das OLG Dresden bejaht eine Auftragserteilung durch den Bauherren. Bereits in der Bezahlung der ersten Abschlagsrechnung über durchgeführte Arbeiten könne eine nachträgliche Genehmigung vollmachtlosen Handelns des Architekten durch den Bauherren gesehen werden. Darüber hinaus seien zwischen dem Bauherren und dem Bauunternehmer vertragliche Beziehungen nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht zu Stande gekommen. Spätestens nach Erhalt der ersten Abschlagsrechnung habe der Bauherr Kenntnis davon erhalten, dass der Architekt vollmachtslos Aufträge an den Bauunternehmer vergeben habe. Gleichwohl habe der Bauherr das weitere Handeln des Architekten im Zusammenhang mit der Vergabe der Trockenbauarbeiten nicht unterbunden. Der Bauunternehmer habe dieses Verhalten des Bauherrn nach Treu und Glauben dahin verstehen dürfen, dass der Bauherr mit der Vergabe der Aufträge einverstanden gewesen sei. Der Unternehmer sei nicht gehalten gewesen, sich bei dem Bauherren über den Umfang der Vollmacht des Architekten durch Rückfrage zu versichern, da sämtliche Abschlagsrechnungen bezahlt worden seien.
Hinweis
Die vorliegende Entscheidung stellt wohl einen typischen Fall für die Begründung einer Duldungsvollmacht dar. Für den Architekten kann die Annahme einer Duldungsvollmacht (oder auch Anscheinsvollmacht) insbesondere bei Aufträgen oder Nachtragsaufträgen von nicht unerheblicher Bedeutung sein. Denn die Annahme einer Duldungsvollmacht (oder Anscheinsvollmacht) führt zu einer direkten Verpflichtung des Bauherren aus dem Auftrag. Der Architekt wird in diesem Fall in der Regel nicht selbst gemäß § 179 BGB in Haftung genommen werden können.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck