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Der Architekt kann auch nach Ausscheiden aus der Architektengesellschaft haften: besteht Versicherungsschutz?

Versicherungsschutz soll für einen aus dem Versicherungsverhältnis mit einer Architektengesellschaft ausgeschiedenen Gesellschafter bestehen, wenn er wegen seiner gesellschaftsrechtlichen Nachhaftung für einen Fehler nach seinem Ausscheiden neben den anderen verbliebenen Gesellschaftern in Anspruch genommen wird.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

Liegt ein Versicherungsfall vor, so hat der Architekt zur Wahrung seiner Ansprüche bestimmte formelle Verfahren, u.a. Anzeigepflichten, zu beachten.
Beispiel
(nach OLG Karlsruhe , Urt. v. 26.10.2010 - 8 U 115/09)
Architekten haben sich zur gemeinsamen Berufsausübung in Form einer GbR zusammengeschlossen. Sie erhalten den Auftrag zur Bauleitung im Rahmen eines Klinikneubaus. Einer der Mitgesellschafter – Architekten scheidet aus der Gesellschaft noch während des Bauvorhabens aus. Nachdem er ausgeschieden ist, begeht ein verbliebener Gesellschafter im Rahmen der Objektüberwachung einen Bauaufsichtsfehler. Alle Gesellschafter – auch der ausgeschiedene – werden von deren Auftraggeber gemeinsam in Anspruch genommen. Sie werden wegen des Fehlers verurteilt. Gegen das Urteil geht der ausgeschiedene Gesellschafter mit der Argumentation in Berufung, dass er nicht mehr Vertragspartner gewesen sei und auch nicht wirksam vertreten gewesen sei, weil die Versicherung der Gesellschaft dem Rechtsanwalt der Gesellschaft überhaupt keine Prozessvollmacht bezogen auf ihn – den ausgeschiedenen Gesellschafter – habe erteilen dürfen.
 
Das sieht das Oberlandesgericht anders. Grundsätzlich ist der Versicherer verpflichtet und auch berechtigt, den Prozess für den Versicherungsnehmer zu führen. Dies gilt jedenfalls soweit, wie auch eine Regulierungspflicht des Versicherers besteht. Eine Regulierungspflicht des Versicherers besteht nach Ansicht des Gerichts auch, wenn der mitversicherte Mitgesellschafter einer Architektengesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeschieden ist und der Fehler erst nach seinem Ausscheiden begangen wird, wenn der ausgeschiedene Architekt noch wegen der gesellschaftsrechtlichen Regeln nachhaftet (§§ 128, 160 HGB – Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters fünf Jahre ab Kenntniserlangung des Ausscheidens des Gesellschafters bzw. soweit vorhanden ab entsprechender Eintragung im Register). Das gilt nach Ansicht des Gerichts auch, obwohl die Versicherungsbedingungen hierzu keine ausdrücklichen Regelungen vorsehen. Das Gericht legt insoweit den Vertrag über die Berufshaftpflichtversicherung entsprechend aus, weil eine planwidrige Unvollkommenheit des Versicherungsvertrages bestehen würde.
Hinweis
In der Berufshaftpflichtversicherung finden sich Regelungen für Verstöße (versicherte Fehler des Architekten) während der Versicherung, die erst nach Beendigung der Versicherung erkannt werden (Nachhaftungsversicherung) und auch für Verstöße vor Abschluss des Versicherungsvertrages (sogenannte Rückwärtsversicherungen). Ob Versicherer der Argumentation des Gerichts folgen, wenn sie anders als in dem entschiedenen Fall nicht regulierungsbereit sind, wird abzuwarten sein. Bestenfalls werden Versicherer aber auch Architekten gut beraten sein, diese Fälle ausdrücklich mit zu versichern und außerdem wird der ausscheidende Architekt gut beraten sein, darauf zu drängen, dass dem Vertragspartner der Gesellschaft sein Ausscheiden mitgeteilt wird, damit er nicht auch für Schäden mit einstehen muss, die nach seinem Ausscheiden entstehen.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck